Warum viele Unternehmer nicht die Reißleine ziehen können und das ein großer Fehler ist.
Autor: Jürgen Gebauer, Insolvenzreferent KSV1870 Wien
Die Hoffnung stirbt zuletzt, so ein bekanntes Sprichwort. Doch genau das kann ein großer Fehler sein. Besser wäre es, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um das eigene Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. Doch viele Betriebe schieben teilweise einen großen Schuldenberg vor sich her. Stellt ein Gläubiger, etwa ein Vermieter, plötzlich mehrere Monate gestundeter Mieten fällig, dann ist es schnell vorbei. Eine Sanierung im Insolvenzverfahren ist dann oft nicht mehr möglich, da die dafür erforderlichen Mittel bzw. die letzte Liquidität bereits aufgezehrt wurden.
Der richtige Zeitpunkt entscheidet
Damit ein Unternehmen weiterbestehen kann, müssen rasch die richtigen Schritte gesetzt werden – sprich ein Insolvenzverfahren beantragt werden. Damit tritt auch ein sofortiger Zinsstopp ein und die Schulden wachsen nicht mehr weiter. Ohne Frage ist das für Unternehmer ein schwerer Schritt –insbesondere, wenn der Betrieb vor der Krise gesund war. Doch vom richtigen Timing, also dem Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung, hängt es ab, ob das Unternehmen weitergeführt werden kann oder etwa zerschlagen wird. Und hier heißt es, je früher ein Insolvenzverfahren beantragt wird, desto besser. Denn ein Sanierungsverfahren kann nur gelingen, wenn das Unternehmen noch über finanzielle Reserven verfügt. Ist bereits alles Geld verbrannt, dann bleibt nur mehr die Liquidation im Konkursverfahren oder im schlimmsten Fall die Abweisung des Konkursverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens. Das muss nicht sein, insbesondere nicht, wenn der Betrieb vor der Krise gut gewirtschaftet hat und auf einem funktionierenden Geschäftsmodell fußt.
Sanierungsplan: in zwei Jahren entschulden
Während der Gesetzgeber den Unternehmen während der Corona-Krise bis 31.12.2021 die Möglichkeit angeboten hat, im Rahmen des Insolvenzverfahrens einen Sanierungsplanvorschlag einzubringen, der eine Zahlungsfrist von drei Jahren vorsieht, gibt es diese Option seit Jahresbeginn nicht mehr. Wie bereits vor der Pandemie muss seit 1. Jänner 2022 die Erfüllung wieder in zwei Jahren erfolgen. Die gesetzlichen Mindestquoten von 20 Prozent bei einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung sowie 30 Prozent bei einem Verfahren mit Eigenverwaltung bleiben unangetastet - daran hat sich während der Corona-Krise nichts geändert.
Chancen erhöhen durch gute Vorbereitung
Ist die Beantragung eines Insolvenzverfahrens unumgänglich, sollte bereits vor der Einbringung eines Insolvenzverfahrens abgeschätzt werden, ob eine Entschuldung durch einen Sanierungsplan eine Option ist. Wenn ja, kann ein Sanierungsverfahren mit oder ohne Eigenverwaltung beantragt werden. In jedem Fall ist es empfehlenswert, einen Steuerberater oder im Idealfall einen auf Insolvenzen spezialisierten Anwalt zu kontaktieren. Er hilft dabei, die Insolvenz bestmöglich vorzubereiten. Er unterstützt dabei, einen Sanierungsplan auszuarbeiten, erstellt mit dem Unternehmer ein Vermögensverzeichnis und einen Finanzplan für die nächsten Monate, der eine Sanierung ermöglichen soll. Ob das der Fall ist, prüft der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter.
Bei Zahlungsunfähigkeit sofort handeln
Ist ein Unternehmen jedoch zahlungsunfähig, besteht die Verpflichtung, rasch ein Insolvenzverfahren zu beantragen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Unternehmer erkennt, dass er nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen und er notwendige Mittel voraussichtlich auch nicht beschaffen kann. Eine Ausnahmeregelung gab es während der Corona-Krise: Im Zuge der Pandemie wurde die Frist vorübergehend von 60 auf 120 Tage ausgedehnt - mittlerweile sind es aber wieder 60 Tage. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung bei Gericht rate ich jedoch dazu, es nicht soweit kommen zu lassen. Befindet sich ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten, dann besser schneller Insolvenz anmelden und überleben als später und alles verlieren.