Der österreichische Unternehmer, der grenzüberschreitend seine Leistungen erbringt, stößt spätestens dann, wenn es in der Abwicklung des Rechtsgeschäftes zu Problemen kommt, auf zahlreiche erhebliche Fragen in der Durchsetzung seiner Ansprüche. Mag. Martin Corazza gibt einen kurzen Überblick über rechtliche Themen, die zeigen, wie notwendig eine ausführliche, profunde Beratung ist.
Die Frage des anwendbaren Rechts spielt insbesondere in Hinblick auf allfällige Verjährung/Fristen, Gewährleistungsfragen, Fälligkeiten, Aufrechnungsthemen, Eigentumsvorbehalte und auch in der Insolvenz des Vertragspartners etc eine wesentliche Rolle. Das nicht rechtzeitige Beachten des anwendbaren Rechts kann unter Umständen dazu führen, dass ein Verlust der eigenen Rechtsposition eintritt.
Es sind in diesem Zusammenhang nicht nur die unterschiedlichen nationalen (Verjährungs-)Fristen zu berücksichtigen, sondern auch die unterschiedlichen Arten der Berechnung von Fristen (zB Beginn mit dem Fälligkeitstermin, Beginn mit dem Jahresende etc). Auch die Frage, welche Handlungen zur Unterbrechung eines Fristenlaufes erforderlich sind, variiert stark; so muss in dem einen Staat die Klage rechtzeitig bei Gericht eingelangt sein, in einer anderen Rechtsordnung genügt es, eine qualifizierte Mahnung zu verschicken.
Worauf kommt es beim Eigentumsvorbehalt an?
Auch der Eigentumsübergang und der oft als Sicherungsinstrument verwendete Eigentumsvorbehalt, der unter Umständen auch von Kreditausfallsversicherungen als Bedingung vorgeschrieben ist, werfen Fragen auf. Ob ein Eigentumsvorbehalt möglich ist, ergibt sich aus dem Recht des Staates, in dem die Sache tatsächlich ist. Dieses kann die Schriftlichkeit oder gar die Eintragung in ein Register vorsehen. Die Frage, wann Eigentum übergeht, spielt insbesondere bei der Frage eine Rolle, wer beim Untergang der Sache das entsprechende Risiko trägt, mit anderen Worten, ob das Entgelt trotz Untergang des Vertragsgegenstandes zu bezahlen ist. Allenfalls kann das anwendbare Recht auch dahingehend eine Rolle spielen, wie ein allfälliger Eigentumsübergang stattfindet, ob dieser bereits durch den Vertragsabschluss, erst durch Übergabe oder allenfalls erst durch Übergabe einer erweiterten Dokumentation (Urkunden) erfolgt oder gar in ein Register eingetragen werden muss.
Aber selbst dann, wenn aus der eigenen Position, der eigenen Erforschung des Rechts, hervorkommt, dass das eigene nationale Recht zur Anwendung gelangt, ist der Unternehmer nicht davor geschützt, dass im Prozess eine andere Rechtswahl behauptet wird. Es ist zwar so, dass eine derartige Behauptung auch unter Beweis gestellt werden muss, die Frage, ob eine Rechtswahl zustande gekommen ist, richtet sich jedoch nicht nach jenem Recht, welches anwendbar wäre, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde, sondern nach jenem Recht, welches zur Anwendung gelangt, wenn das behauptete vereinbarte Recht zur Anwendung käme.
Überraschungen in diesem Zusammenhang kann man nur dann vorbeugen, wenn die entsprechenden Rechtswahlvereinbarungen tatsächlich und nachweisbar getroffen wurden oder indem man sich mit den Rechtsnormen jenes Staates, in welchem der Vertragspartner seinen Sitz hat, auch entsprechend auseinandersetzt und Beratungen in Anspruch nimmt.
Wozu dient eine Rechtswahlvereinbarung?
Die Rechtswahl hilft auch, eigene fremdsprachliche Defizite hintanzuhalten, weiters kann bei entsprechender Vorbereitung und Beratung die Judikatur zum (eigenen) nationalen Recht leichter überprüft und das Unternehmen in diesem Bereich beraten werden. Im Endeffekt dient die Rechtswahl vor allem der Vorhersehbarkeit der Handlungsmöglichkeiten im Falle von Störungen des Vertragsverhältnisses.
Hat der Unternehmer gemeinsam mit seinem Rechtsberater die Frage des (idealen) anwendbaren Rechts geklärt, gilt es zu überlegen, an welchem Ort die Forderung gerichtlich betrieben (Gerichtsstand) werden kann. Dabei gilt es nicht nur, die eigene Bequemlichkeit hervorzustreichen, es können auch andere Gründe eine maßgebliche Rolle spielen:
Theoretisch kann es sinnvoll sein, am Ort der Leistungserbringung den Prozess zu führen, da unter Umständen die Nähe des Gerichtes zu Beweismitteln relevant sein kann. Kreativ ist es, einen Gerichtsstand zu wählen, der aufgrund von Beweisregeln, Beweisverboten, Maßgeblichkeit der Beurteilung der Aussage der Partei etc zu einer optimalen Beweis(mittel)situation führt. Die sorgfältige Abwägung der Pro- und Contra-Argumente erfordert die Kenntnis der „fremden“ Verfahrensrechte.
Es ist notwendig, vor Vertragsabschluss die entsprechenden Gedanken aufzuwerfen, die entsprechende Beratung einzuholen und zu überlegen, ob eine Gerichtsstandsvereinbarung, die einen exklusiven Gerichtsstand am eigenen Ort statuiert, tatsächlich sinnvoll ist.
Wann stellt sich die Frage der Vollstreckbarkeit?
Innerhalb der Europäischen Union stellt sich die Frage der Vollstreckbarkeit eines inländischen Titels, sofern die Formvorschriften eingehalten werden, nicht wirklich. Tatsache ist aber, dass nicht mit sämtlichen außereuropäischen Nationalstaaten entsprechende Abkommen existieren, die die Vollstreckung von ausländischen Titeln ermöglichen. Es kann daher durchaus sein, dass ein österreichischer oder europäischer Titel in einem anderen, außereuropäischen Land nicht einmal das Papier wert ist, auf dem er gedruckt ist.
Eine grenzüberschreitende unternehmerische Tätigkeit erfordert daher jedenfalls ein konkretes Auseinandersetzen mit den Rechtsordnungen des jeweiligen Nationalstaates, in welchem der Vertragspartner seinen Sitz hat und in dem allenfalls die Leistung erbracht werden soll.
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RA Mag. Martin Corazza ist seit 2006 eingetragener Rechtsanwalt in Innsbruck. Von Anfang an betreut die Kanzlei Unternehmen aus Italien, aus Österreich und Deutschland in grenzüberschreitenden Rechtsthemen. In Zusammenhang mit der Beratung von Unternehmen im grenzüberschreitenden Bereich wird auch mit Partnerkanzleien in München und Bozen zusammengearbeitet. |
Weitere Expertentipps finden Sie im KSV1870 Magazin forum.ksv - Ausgabe 2/2023.