Falsches Vermögensverzeichnis nur bei Verschweigen vorhandenen Vermögens
Zweck eines in einem exekutions- oder insolvenzrechtlichen Verfahren abzugebenden Vermögensverzeichnisses ist, dem Gläubiger oder seinem Interessenwahrer (zB Insolvenzverwalter) einen Überblick über die für die Gläubigerbefriedigung in Betracht kommenden Vermögenswerte zu vermitteln.
Tatobjekt des Delikts der Abgabe eines falschen oder unvollständigen Vermögensverzeichnisses ist im Hinblick auf diesen Zweck (nur) das gesamte, im Zeitpunkt der Abgabe des Verzeichnisses vorhandene, wirtschaftlich dem Schuldner gehörende Vermögen, und zwar ohne Rücksicht auf dessen konkrete Verwertbarkeit im Einzelfall. Eine konkrete Gefährdung der Befriedigung zumindest eines Gläubigers ist allerdings dann zu verneinen, wenn der Besitz von Sachen verschwiegen wird, die der Exekution ohnehin entzogen sind, oder wenn die falsche oder unvollständige Angabe eine unpfändbare Forderung betrifft. Tätigt der Schuldner Falschangaben zu (der Zwangsvollstreckung unterworfenem) Vermögen, das im Zeitpunkt der Abgabe des Vermögensverzeichnisses zwar noch vorhanden ist, das er aber bereits davor beiseitegeschafft (oder zum Schein verringert) hat, begründet dies keine Strafbarkeit wegen Abgabe eines falschen Vermögensverzeichnisses, sondern wegen betrügerischer Krida. Wurde (im maßgeblichen Zeitpunkt noch vorhandenes) Vermögen nicht bereits vorher beiseitegeschafft oder sonst zum Schein verringert, sondern wird es (erst) im Zuge der Abgabe eines Vermögensverzeichnisses (durch wahrheitswidrige Verneinung oder pflichtwidrige Verschweigung) im Sinne der betrügerischen Krida verheimlicht (vgl RIS-Justiz RS0094828), ist das solcherart verwirklichte Vergehen der Abgabe eines falschen Vermögensverzeichnisses dem Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB gegenüber dann (materiell) subsidiär (RIS-Justiz RS0094707), wenn die vom (objektiv) falschen oder unvollständigen Vermögensverzeichnis betroffenen Gläubiger mit den durch die Vermögensverheimlichung geschädigten Gläubigern ident sind (vgl 11 Os 145/03).
ZIK 2020/256
OGH 26.8.2020, 11 Os 5/20z
StGB: §§ 156, 292a, EO: § 47 Abs 2, IO: §§ 110a, 185
Dieser Gläubigerschutztipp wurde dem forum.ksv 3/2021 entnommen.