Rechtsprechung 2024 im Arbeits- und Lohnsteuerrecht- sowie Sozialversicherungsrecht

Ausgewählte Änderungen der Rechtslage bzw neue Rechtsprechung 2024 im Arbeits- und Lohnsteuerrecht- sowie Sozialversicherungsrecht

Arbeitsrecht und angrenzendes Recht:

  • Seit 1. November 2023 regelt ein neuer § 14e AVRAG eine besondere unbezahlte Freistellungsform zur Begleitung von Kindern (unter 14) bei Rehabilitationsaufenthalt, wobei damit nicht nur krankheits- oder unfallbedingte Maßnahmen, sondern auch Maßnahmen als Folge von Behinderungen gemeint sind. Sie kann für maximal vier Wochen pro Kalenderjahr beansprucht werden, während denen das Entgelt ruht, aber Pflegekarenzgeld (mit Teilversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung) bezogen werden kann. Eine Kombination von bezahlter Dienstfreistellung (§ 8 Abs 3 AngG; § 1154b Abs 5 ABGB etc) und unbezahlter „Kinder-Reha-Freistellung“ für denselben Verhinderungsfall kann nicht beansprucht werden – im Zweifel bedeutet der neue Anspruch, dass er die speziellere Regelung ist. Voraussetzung für den Rechtsanspruch ist die Vorlage der Bewilligung der Reha-Maßnahme durch den SV-Träger und eine Meldung an den Arbeitgeber binnen einer Woche nach deren Zugang. Bis vier Wochen nach Maßnahmenende besteht ein besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz.
  • In seiner Entscheidung 8 ObA 23/23z vom 27. Juni 2023 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der unionsrechtlich gesicherte Urlaubsanspruch von vier Wochen nur dann verjährt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Urlaubskonsum aufgefordert und auf die Verjährung hingewiesen hat. Kommt der Arbeitgeber dieser Vorwarnpflicht nicht nach, verjährt der Urlaub nicht und kann daher während des aufrechten Arbeitsverhältnisses in natura verbraucht werden bzw ist dieser bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Urlaubsersatzleistung zu berücksichtigen.

    Ob der nach nationalem Recht darüberhinausgehende Anspruch auf eine fünfte oder sechste Urlaubswoche jedenfalls nach grundsätzlich drei Jahren verjährt (unabhängig von einem Hinweis des Arbeitgebers auf die drohende Verjährung), hat der OGH offengelassen.

Lohnsteuer und Lohnnebenkosten:

  • Der Freibetrag für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge wird mit Wirkung ab 1. Jänner 2024 von 360,00 Euro auf 400,00 Euro, der Freibetrag für die ersten zehn Überstunden von 86,00 Euro auf 120,00 Euro angehoben. Darüber hinaus können für 2024 und 2025 begrenzt für die ersten 18 Überstundenzuschläge von höchstens 50 % des Grundlohnes im Monat steuerfreie Überstundenzuschläge von bis zu 200,00 Euro ausgezahlt werden.
  • Im Zuge der letzten Änderung der Sachbezugswerteverordnung (BGBl II 404/2023) wurden die Regelungen über das Aufladen emissionsfreier Kraftfahrzeuge rückwirkend (Neuregelungen gelten ab 2023) adaptiert. Demnach gilt hinsichtlich des Ersatzes bzw der Tragung der Kosten für das Aufladen eines arbeitgebereigenen Elektroautos durch den Arbeitgeber Folgendes:
    • Beim Aufladen an einer öffentlichen Ladestation können die nachgewiesenen Kosten steuerfrei behandelt werden.
    • Beim Aufladen an einer nicht öffentlichen Ladestation (bei dem Arbeitnehmer zu Hause) können die Kosten auf Basis des vom Finanzministerium für das betreffende Kalenderjahr ermittelten und veröffentlichten Strompreises (2024: 33,182 Cent/kWh) steuerfrei ersetzt werden, wenn die nachweisliche Zuordnung der Lademenge zu diesem Fahrzeug sichergestellt wird.

      Dieser Nachweis muss im Unterschied zur vorhergehenden Regelung nicht mehr über ein intelligentes Ladegerät (Wallbox), sondern kann auch auf andere Weise (via „charging history“ aus dem KFZ [Apps] oder organisatorisch [Chipkarte/RFID-Karte/Schlüssel]) erfolgen.

      Ist die Zuordnung der Lademenge zum Fahrzeug nicht nachweisbar, können bis 31. Dezember 2025 pro Monat pauschal 30 Euro ersetzt werden.
  • Mit dem seit 1. Jänner 2014 geltenden Start-up-Förderungsgesetz wurde eine begünstigte Besteuerung für Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen eingeführt.

Demnach können Arbeitnehmer, die innerhalb von zehn Jahren nach der Gründung eines Arbeitgeberunternehmens mit eingeschränkter Größe (maximal 100 Arbeitnehmer bzw Umsatzerlöse von 40 Millionen Euro, keine Konzernanbindung) Anteile an diesem Unternehmen, die nur mit Zustimmung des Arbeitgebers übertragbar sind (Vinkulierung), unentgeltlich oder für eine maximale Gegenleistung im Ausmaß des Nominale erhalten, zu einer besonderen Besteuerung optieren.

Diese besteht einerseits darin, dass die Anteile erst in dem Zeitpunkt als zugeflossen gelten, in dem die Mitarbeiterbeteiligung veräußert wird bzw bestimmte andere Fälle (insbesondere Rückübertragung an den Arbeitgeber, Beendigung des Dienstverhältnisses, Aufhebung der Vinkulierung) eintreten.
Andererseits können die Einkünfte aus der Veräußerung zu 75 % als sonstiger Bezug mit einem festen Steuersatz von 27,5 % besteuert werden, wenn das Dienstverhältnis zumindest zwei Jahre gedauert hat und der Zufluss drei Jahre nach der erstmaligen Ausgabe einer Start-up-Mitarbeiterbeteiligung an den Arbeitnehmer erfolgt. Dieser mit dem festen Satz zu versteuernde Vorteil ist von der Lohnnebenkostenpflicht (KommSt, DB, DZ) ausgenommen. Die restlichen 25 % unterliegen der Tarifbesteuerung nach § 67 Abs 10 EStG und der Lohnnebenkostenpflicht. Sonderregelungen gelten in diesem Zusammenhang für Beitragszwecke.

Sozialversicherungsrecht:

  • Der Beitragssatz für die Dienstgeberabgabe (DAG), die von der Summe der vom Unternehmen gewährten geringfügigen Entgelte zu bemessen ist, wird im Hinblick darauf, dass der VfGH den Ausschluss mehrfach geringfügig beschäftigter Personen von der Arbeitslosenversicherung als verfassungswidrig angesehen hat, ab 2024 von 16,4 % auf 19,4 % erhöht (Budgetbegleitgesetz 2024, BGBl I 152/2023).

    Gleichzeitig wurde der Arbeitslosenversicherungsbeitrag mit Wirkung ab 1. Jänner 2024 um 0,1 Prozentpunkte herabgesetzt und beträgt somit für Lehrlinge 2,3 % und für die übrigen Versicherten 5,9 % der Beitragsgrundlage.
  • Wird neben dem Bezug der Regelpension eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, dann übernimmt der Bund den auf den Versicherten entfallenden Teil des Pensionsversicherungsbeitrags bis zum Ausmaß von 10,25 % des doppelten Betrages der ASVG-Geringfügigkeitsgrenze. Diese Beitragsübernahme gilt nicht hinsichtlich der Sonderzahlungen.

Diese Regelung, die im Zuge des SRÄG 2023 (BGBl I 189/2023) beschlossen wurde, soll einen Anreiz für ein längeres Arbeiten darstellen und gilt vorläufig nur für 2024 und 2025.