Firmenpleiten in den ersten sechs Monaten weiter im Sinkflug
Neben der Zahl der Unternehmensinsolvenzen sind im ersten Halbjahr 2021 auch die Passiva massiv rückläufig.
Wien, 07.07.2021 – Laut aktueller KSV1870 Analyse ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2021 um rund 45 % auf 1.059 Pleiten im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das bedeutet zugleich den niedrigsten Wert an Firmenpleiten seit über 40 Jahren. Gegenüber dem Jahr 2019, dem bis dato letzten „Normaljahr“, beträgt das Minus sogar 59 %. Gleichzeitig sind die geschätzten Verbindlichkeiten überproportional stark um rund 78 % auf 392 Millionen Euro zurückgegangen. Ebenfalls rückläufig entwickelt hat sich die Zahl der betroffenen Dienstnehmer, die auf 3.600 (- 65 %) gesunken ist. Zudem müssen sich 8.500 Gläubiger mit einer Insolvenz eines Geschäftspartners auseinandersetzen – das sind um knapp drei Viertel weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
„Seit Beginn des 1. Lockdowns vor über 15 Monaten gibt es pro Woche rund um die Hälfte weniger Unternehmensinsolvenzen als vor der Krise – und das in Zeiten der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Dabei verzeichnet die Bauwirtschaft mit 29 % weniger Pleiten den geringsten Rückgang seit Ausbruch der Pandemie, obwohl es dieser Branche trotz allem gut geht. Weiters: Während die Situation im Handel (- 53 %) den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, verzeichnet die Gastronomie einen Rückgang von 59 %. Das entspricht nicht den tatsächlichen Umständen, zumal diese Branche mit am stärksten von der Krise betroffen ist – ebenso die körpernahen Dienstleister mit minus 55 %.
„Safety-Car-Phase“ verzögert Gesundung der Wirtschaft
Verantwortlich für die anhaltend niedrigen Insolvenzzahlen sind die künstlichen Eingriffe der Bundesregierung, dank dieser sich zahlreiche Unternehmen in einer trügerischen Sicherheit wähnen. Zwar geht vorübergehend die Zahl der Insolvenzen zurück, gleichzeitig vergrößert sich jedoch der Schuldenberg der Betriebe fortlaufend. Und an dieser Konstellation wird sich aufgrund der angekündigten „Safety-Car-Phase“ für Steuerschulden, die ab kommenden Juli für drei Monate geplant ist, vorläufig wenig ändern. Denn dadurch verlängert sich für Unternehmen nur die Möglichkeit, die Rückzahlung ihrer Schulden hinauszuzögern. „Um den Schaden für Österreichs Wirtschaft nicht weiter in die Höhe zu treiben, sollte die Regierung die Gießkanne beiseite stellen und die finanzielle Unterstützung von Firmen beenden, die nach Ende der Hilfsmaßnahmen ohnehin in die Insolvenz schlittern werden. Viel besser wäre es, jene Betriebe gezielt mit Liquidität zu stärken, die eine reelle Überlebenschance haben – etwa im Rahmen einer Sanierung“, erklärt Götze.
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Privatkonkurse sind leicht gesunken
Die anhaltend niedrigen Zahlen lassen auch darauf hindeuten, dass Schuldner die Umsetzung der kommenden Insolvenznovelle abwarten, um sich leichter zu entschulden.
Wien, 07.07.2021 – Laut aktueller KSV1870 Analyse ist die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im ersten Halbjahr 2021 um rund 4 % auf 3.260 Fälle gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gesunken. Im Vergleich zum bis dato letzten „normalen“ Jahr 2019 fällt die Entwicklung mit einem Minus von fast 34 % weitaus deutlicher aus. Gleichzeitig haben sich in den ersten sechs Monaten 2021 auch die Passiva um circa 19 % auf 366 Mio. Euro reduziert. Aufgrund der Entwicklung der vergangenen Monate scheint es so, als ob Schuldner auf die bevorstehende Umsetzung der Insolvenznovelle warten, um sich dann innerhalb von drei Jahren (bisher 5 Jahre) ihrer Schulden zu entledigen.
Seit Beginn des 1. Lockdowns in Österreich ist die Zahl der Privatkonkurse um rund 30 % gesunken. „Eines zeigen die aktuellen Insolvenzzahlen bei den Privaten deutlich. Die Corona-Krise ist auch über ein Jahr nach ihrem Ausbruch kein Insolvenzbeschleuniger für Private“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Nachdem sich private Schulden erfahrungsgemäß eher über Jahre hinweg aufbauen und häufig insbesondere auf „Persönliches Verschulden“, wie übermäßigen Konsum, zurückzuführen sind, ist auch weiterhin aufgrund der Pandemie nicht mit dramatisch mehr Privatkonkursen zu rechnen. Ändern könnte dies jedoch die Exekutionsnovelle, die ab 1. Juli 2021 in Kraft treten wird. Und zwar dann, wenn der Privatschuldner von Amts wegen für zahlungsunfähig erklärt wird. In diesem Fall können dann sowohl Gläubiger wie auch Schuldner dessen Privatinsolvenz beantragen, um diverse Fristen nicht untätig verstreichen zu lassen.
Unterschiede in den Bundesländern
Während die Zahl der Privatkonkurse in Österreich im 1. Halbjahr 2021 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres leicht rückläufig ist, gibt es in den einzelnen Bundesländern teils gravierende Unterschiede. Salzburg verzeichnet mit einem Minus von über 31 % den größten Rückgang, während das Burgenland ein Plus von knapp 31 % verzeichnet. Eine ähnliche Situation bei den geschätzten Passiva: Einem Rückgang von fast 32 % in Salzburg steht ein Zuwachs von über 100 % in Vorarlberg gegenüber. Zudem verzeichnet mit dem Burgenland (+ 50 %) ein weiteres Bundesland deutlich höhere Passiva.
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