Insolvenzursachen 2014: Nichts geht ohne Eigenkapital!

Die Ursachen der Insolvenzen 2014 im Überblick: Bei 51 Prozent der Pleiten haben sich die Manager verzettelt
 
Wien, 16.07.2015 - Mehr als die Hälfte der insolventen Unternehmen scheiterte im Jahr 2014 aufgrund unternehmensinterner Verluste, und dabei spielte der Mangel an Eigenkapital eine der Hauptrollen. Weit abgeschlagen folgen Fahrlässigkeit und externe Auslöser als Ursachen für Insolvenzen - jeweils mit je 15 %.
 
Um nicht in die Falle der „unternehmensinternen Verluste“ zu gehen, ist es unbedingt notwendig, Unternehmen mit ausreichend Eigenkapital auszustatten. Die Zeiten des Wachstums auf Kredit sind vorbei. Nicht weil der Kredit so teuer wäre, ganz im Gegenteil. Das Wachstum ist nicht da. Und da lässt sich nur mit Eigenkapital vernünftig wirtschaften. Die Investoren gibt es, nur die Unternehmer müssen noch lernen, mit Eigenkapital zu arbeiten und mit Investoren zu kommunizieren. Es ist viel leichter, auf Basis eines guten Businessplans und dem darin abgebildeten Optimismus Geldgeber zu überzeugen, als wenn eine Kapitalspritze nur noch die Pleite abwenden helfen soll.
 
KSV1870 Insolvenzexperte Dr. Hans-Georg Kantner setzt sich mit den Gründen des Scheiterns seit vielen Jahren auseinander und weiß: „Es zeigt sich, dass auch schon länger tätige Unternehmer oft keinen „Plan B“ haben bzw. sich überhaupt zu wenig mit der Zukunft auseinandersetzen. Geschäftsmodelle altern heute viel schneller als noch vor einer Generation. Da bedarf es der Fähigkeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und danach zu handeln, das Szepter nicht aus der Hand zu geben und selbst die nötigen Schritte zu setzen.“
 
Zu den „externen Auslösern“ (15 %) zählen etwa Kreditrestriktionen der Hausbank, Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen oder verschärfter Wettbewerb. Fehlendes Debitorenmanagement und Dominoeffekte bei Großinsolvenzen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Seit der Pleite des „Konsum“ im Jahr 1995 weiß man, dass es keine unsinkbaren Schiffe gibt und Unternehmer haben daraus gelernt. So sind die Insolvenzen als Folge einer Lieferanten- oder Abnehmerinsolvenz mit insgesamt 2 % ausgesprochen selten.
 
Der Preis der Selbständigkeit

In kaum einem europäischen Land gibt es so wenig Unternehmen, wie in Österreich. Auch wenn sich schon einiges gebessert hat, hat Österreich immer noch zu wenig Selbstständige, die Innovationen vorantreiben, Arbeitsplätze schaffen und Steuern zahlen. Österreich verzeichnet über die Jahre eine Insolvenzquote von ca. 1,3 % aller aktiven Unternehmen. Das bedeutet, dass immerhin über 98 % der Unternehmen über die Runden kommen. Knapp die Hälfte der Insolvenzen entfällt auf Unternehmen, die nicht älter als 5 Jahre sind. Für Dr. Hans-Georg Kantner ist das keine Überraschung: „Das entspricht ja auch der Lebenserfahrung, dass jeder sich erst einmal beweisen und behaupten muss. Wem das gelungen ist, der ist mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Insolvenzgefahr konfrontiert.“
 
Insolvenz kein Stigma mehr
In den vergangenen 20 Jahren hat die Insolvenz schrittweise ihr Stigma verloren. Langsam spricht sich herum, dass es ein Leben nach der Insolvenz gibt, dass unternehmerisches Scheitern einen Lerneffekt hat und dass eine Restrukturierung ein Unternehmen schlagkräftiger und leistungsfähiger machen kann. Gescheiterte Unternehmer erfahren meist die Solidarität ihrer Gläubiger, denen in vielen Fällen ein momentaner Geldverlust leichter verschmerzbar erscheint, als der Verlust eines langjährigen Kunden.

„Wenn alles nichts hilft, dann ist daher ein gut überlegter und vorbereiteter Insolvenzantrag immer noch der weitaus bessere Weg, als das „Weiterwursteln“. Unternehmer, die selbst frühzeitig die unliebsamen Schritte setzen, beweisen Handlungsfähigkeit und können damit nicht selten ihre Gläubiger und Mitarbeiter bei der Stange halten. Immerhin münden mehr als 30 % aller Insolvenzverfahren in Österreich in einem Sanierungsplan. Es geht irgendwie weiter, man muss sich nur rechtzeitig darum bemühen“, fasst der KSV1870 Experte Hans-Georg Kantner die Situation zusammen.
 
Zur Analyse:
Die Experten des KSV1870 werten in ca. 95 % aller Insolvenzfälle die Ursachen aus. Der Einfachheit halber tun sie das nach einem Multiple Choice-Verfahren, das 18 typische Ursachen vorgibt. Dadurch entstehen klare und trennscharfe Ergebnisse.
 
Für den Inhalt verantwortlich:

Dr. Hans-Georg Kantner
Leiter KSV1870 Insolvenz

Insolvenzursachen 2014 im Detail
 
Fahrlässigkeit

  • Ungenügende Kenntnis des praktischen Wirtschaftslebens, mangelnde Branchenkenntnis, mangelhaftes Rechnungswesen
 
7 %
 
  • Unvermögen der differenzierten Beurteilung der Wirtschaftsvorgänge, Gründungsfehler, Unerfahrenheit
7 %  
  • Übermäßige Investitionen und überflüssige Betriebserweiterungen
1 % 15 %

 


 
Externe Auslöser/Verlustquellen

 

  • Geänderte Marktlage, geänderte Konkurrenzsituation, Kreditrestriktionen, Lohn- und Steuererhöhungen usw.
 
13 %
 
  • Insolvenz von Abnehmern
1 %  
  • Ausfall von Lieferanten
1 % 15 %

 
Fehler bzw. Verlustquellen im innerbetrieblichen Bereich

  • Fehlen des unbedingt notwendigen kaufmännischen Weitblicks, der rationellen Planung bei Funktionsänderungen, Absatzschwierigkeiten
 
41 %
 
  • Kalkulationsfehler, Produktionsmisserfolge
6 %  
  • Mangelnde Beobachtung der Wirtschaft, Angebot-Nachfrage, Zinsen- und Kostensteigerungen, Umstrukturierungen, Differenzen in der Geschäftsführung usw.
 
4 %
 
51 %

 
Persönliches Verschulden

  • Überhöhte  private Entnahmen
1 %  
  • Spekulationen
0 %  
  • Vernachlässigung der Geschäftsführung
2 %  
  • Betrügerische Handlungen
4 % 7 %

 
Kapitalmangel

  • Das im Unternehmen vorhandene Kapital ist zu gering, um den vom Betrieb geforderten Aufwand zu befriedigen.
 
9 %
 
  • Unterschätzung der Bedeutung von Eigenkapital gepaart mit Absicht, Fremdkapital einzusetzen
0 % 9 %

 
Sonstige Ursachen

  • Krankheit
2 %  
  • Unglücksfälle durch höhere Gewalt
0 %  
  • Sonstige Ursachen außerhalb der Einflusssphäre des Unternehmens, z. B. Versorgungsschwierigkeiten mit Rohmaterialien, Streiks usw.
 
1 %
 
3 %

Gesamt                                                                                                                                              100 %