Während sich die Geschäftslage rückläufig entwickelt, bleibt das heimische Zahlungsverhalten größtenteils auf Kurs. Noch, denn ein Abwärtstrend wird für das Jahr 2024 erwartet.
Wien, 11.10.2023 – Aktuell wird in Österreich jede sechste Rechnung zu spät bezahlt. Trotz anhaltender wirtschaftlicher Turbulenzen bleibt die Zahlungsmoral damit im Vergleich zum Vorjahr stabil. Doch wie die Ergebnisse der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage zeigen, dürfte es sich dabei um die Ruhe vor dem Sturm handeln. Denn knapp die Hälfte der Befragten erwartet eine Verschlechterung des Zahlungsverhaltens im nächsten Jahr. Abhängig davon, wie sich die finanzielle Situation von Unternehmen und Privaten in den kommenden Monaten entwickeln wird – und diese dürfte aus heutiger Sicht nicht allzu rosig ausfallen. Denn nicht nur Geschäftslage und Umsatzentwicklung der Unternehmen zeigen nach unten, sondern auch die Auftragslage rasselt häufig in den Keller. Auch, weil laut KSV1870 Umfrage rund die Hälfte der Privaten weniger kauft bzw. weniger Geld ausgibt als im Vorjahr.
Österreich gerät immer mehr unter wirtschaftlichen Druck – und das betrifft Unternehmen wie auch Privathaushalte. Laut aktueller Austrian-Business-Check-Umfrage des KSV1870 bewerten nur noch 49 Prozent der heimischen Betriebe ihre derzeitige Geschäftslage mit „sehr gut“ oder „gut“. Das entspricht einer Verschlechterung von acht Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Parallel dazu zeigt die Umsatzentwicklung der Unternehmen tendenziell nach unten: So ist der Anteil von Betrieben mit rückläufigen Umsätzen innerhalb eines Jahres von 19 auf 31 Prozent angewachsen. Im Gegensatz dazu berichten nur noch 35 Prozent von einer steigenden Entwicklung – im Vorjahr waren es noch 47 Prozent. „Die aktuellen Ergebnisse lassen nur wenig Gutes vermuten. Zudem beobachten wir, dass es für die Unternehmen immer schwieriger wird, die vorhandene Nachfrage in konkrete Aufträge umzumünzen. Hier gibt es einen Graben, der sich zwangsläufig negativ auf die Umsätze auswirkt“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Es ist somit wenig überraschend, dass die angespannte Kostensituation den meisten Betrieben das größte Kopfzerbrechen bereitet. Dahinter folgen der akute Personalmangel und „politische Unsicherheiten“, die sich etwa in neuen Richtlinien bzw. gesetzlichen Einschränkungen oder der innenpolitischen Lage manifestieren.
Auftragslage schrumpft bei der Hälfte der Unternehmen
Aufgrund der deutlich höheren Kosten sahen sich zuletzt 81 Prozent der Betriebe gezwungen, steigende Preise zumindest teilweise an ihre Konsumenten weiterzugeben – 22 Prozent taten dies in vollem Ausmaß. Mit der Folge, dass sich die Auftragslage bei rund der Hälfte der Betriebe verschlechtert hat. Während 30 Prozent von einem geringeren Auftragsvolumen sprechen, verzeichnen 17 % eine geringere Anzahl an Aufträgen. Weitere sieben Prozent haben Faktoren wie die Stornierung bereits fixierter Aufträge oder die Nachverhandlung von Preisen erwähnt. „Ganz besonders der Handel, die Bauwirtschaft und die Gastronomie/Beherbergung haben mit einer stark rückläufigen Auftragslage zu kämpfen. Dabei bereitet vor allem die Situation am Bau große Sorgen. Zwar sind die Auftragsbücher zur Stunde noch halbwegs gefüllt, doch das sieht in den kommenden Monaten und im Jahr 2024 ganz anders aus“, so Vybiral, der ergänzt: „Angesichts der Gesamtsituation war es nur eine Frage der Zeit, bis die Zahl jener Unternehmen sinkt, die ein Geschäftsjahr mit Gewinn abschließen. Dieser Moment ist nun erreicht.“ Während im Jahr 2021 noch 63 bzw. im Vorjahr 62 Prozent positiv resümierten, so sind es heuer 56 Prozent.
Zahlungsmoral: Kommt 2024 die große Verschlechterung?
Wie der Austrian Business Check belegt, attestieren nach wie vor 66 Prozent der Betriebe (2022: 70 %) Österreich ein gutes Zahlungsverhalten. Doch das sind um zehn Prozentpunkte weniger als noch vor zwei Jahren. Parallel dazu ist in den vergangenen beiden Jahren der Anteil an jenen angewachsen, die eine Verschlechterung erkennen – und zwar von sieben auf 18 Prozent. „Quer über alle Branchen hinweg wird in Österreich aktuell jede sechste Rechnung zu spät bezahlt“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH. Was den Faktor Pünktlichkeit betrifft, haben sich der Bund (78 % zahlen pünktlich) um fünf Prozentpunkte und die Länder (78 %) um einen Prozentpunkt verschlechtert. Während sich die Privaten (88 %) auf Vorjahresniveau bewegen, haben sich sowohl Firmenkunden (79 %) als auch die Gemeinden (85 %) geringfügig um jeweils einen Prozentpunkt verbessert.
Wenn es um die tatsächliche Zahlungsdauer geht, haben sich die Firmenkunden um einen Tag auf 26 Tage verschlechtert und die Länder (33 Tage) um einen Tag verbessert. Private mit 13 Tagen, der Bund (34 Tage) und die Gemeinden (25 Tage) erreichten ihr Vorjahresergebnis. Heruntergebrochen auf die einzelnen Bundesländer verzeichnen sowohl bei den Firmen- (31 Tage) als auch bei den Privatkunden (16 Tage) die Tiroler die längste Zahlungsdauer. Am schnellsten sind die Vorarlberger Firmen (24 Tage) und Privatpersonen aus der Steiermark mit elf Tagen. All das scheint jedoch nur die „Ruhe vor dem Sturm“ zu sein. Denn nach ihrer Prognose für das Jahr 2024 befragt, haben 43 Prozent der Unternehmen geantwortet, dass sie eine Verschlechterung der Zahlungsmoral im nächsten Jahr erwarten.
Konsumenten geraten immer häufiger unter Druck
Eines zeigt die aktuelle KSV1870 Umfrage deutlich: Der finanzielle Spielraum vieler Privathaushalte wird kleiner. Im Vergleich zum Vorjahr kauft rund die Hälfte der Privaten (51 %) weniger ein bzw. gibt weniger Geld aus. Darüber hinaus ist es für 53 Prozent der Betriebe zuletzt schwieriger geworden, Konsumenten zum Zahlen zu bewegen. „Die vergangenen Jahre waren nicht einfach und die Schwierigkeiten sind nach wie vor allgegenwärtig. Immer mehr Private haben damit zu kämpfen, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zwar gehen die Haushaltsrechnungen aktuell mehrheitlich noch auf, doch die Unternehmen müssen schon jetzt Rechnungen häufiger nachlaufen als noch vor einem Jahr“, so Koch.
Inkasso-Lösung mit ESG-Faktor
„Es ist zu erwarten, dass in absehbarer Zeit deutlich mehr Private mit Schulden zu kämpfen haben“, so Walter Koch. Um dieser Entwicklung vorzubeugen und Privatpersonen bereits möglichst frühzeitig zu helfen, ihre Verschuldungsspirale zu durchbrechen, hat der KSV1870 gemeinsam mit der Social City Wien eine neue Inkasso-Lösung entwickelt. „Wir beobachten im Inkasso schon länger eine Gruppe von Menschen, die zwar ihre Schulden bereinigen möchte, jedoch fehlen ihnen häufig die finanziellen Mittel dazu. Diesen Menschen wollen wir gezielt helfen“, erklärt Koch. Sind vorangegangene Inkasso-Maßnahmen ergebnislos geblieben, bringt mit Einwilligung der säumigen Zahler ein PSD2-Kontocheck des KSV1870 Klarheit darüber, wie der finanzielle Spielraum tatsächlich aussieht. Auf Basis dieses Kontochecks wird eine für beide Seiten akzeptable, schaffbare Zahlungsvereinbarung getroffen oder die Betroffenen werden an die Social City Wien vermittelt. Dort angekommen, werden die Klienten durch eine respektvolle und zielorientierte Beratung unterstützt, um rasch den Weg aus der Schuldenfalle zu finden. „Sustainable Collection“ ist aber nicht nur für Private interessant, sondern auch für Unternehmen, die das Thema Environmental Social Governance (ESG) auf ihrer Agenda haben. Denn mit dieser Lösung verpflichten sich die Betriebe zu einer sozialorientierten Forderungsbetreibung.
Zur Umfrage: Im Rahmen des Austrian Business Check befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Österreichs Unternehmen, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage im August 2023, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben rund 1.400 Unternehmen teilgenommen.