Recht

Genehmigung eines Liegenschaftsverkaufs und nachträgliches Überbot

Bei der Entscheidung über die Genehmigung der Veräußerungshandlungen des Masseverwalters ist deren Gesetzmäßigkeit sowie deren Zweckmäßigkeit, namentlich, ob sie dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger, aber auch des Schuldners Rechnung tragen, zu prüfen (OLG Wien 28 R 33/08s Mohr, IO11 [2012] § 117 E 43; OLG Linz 2 R 10/08s Mohr, IO11 § 117 E 44). Die Veräußerung ist vor allem dann nicht zweckmäßig, wenn der Preis nicht angemessen ist. Dies kann jedoch stets nur im Einzelfall beurteilt werden. Ein Preis kann auch dann angemessen sein, wenn der gerichtliche Schätzwert deutlich höher liegt. Dieser kann nämlich für die Beurteilung der Angemessenheit des Kaufpreises nicht allein maßgebend sein (OLG Wien 28 R 191/00i, 28 R 192/00m Mohr, IO11 § 117 E 51). Wurde (wie im Anlassfall) die beabsichtigte Veräußerung in der Ediktsdatei bekannt gemacht, erfolgte zusätzlich eine Anzeige auf einer österreichweit bekannten Immobilienplattform und erhielt der Masseverwalter dennoch in über einem Jahr keine höheren Angebote als das sodann von ihm angenommene, indiziert dies, dass es sich um einen angemessenen Kaufpreis handelte (vgl OLG Wien 28 R 88/02w Mohr, IO11 § 117 E 50).

Im Rekurs gegen den Genehmigungsbeschluss können neue Tatsachen, soweit sie bereits zur Zeit der Beschlussfassung in erster Instanz entstanden waren, und neue Beweismittel angeführt werden. Werden daher höhere Angebote von anderen Interessenten noch innerhalb der Rechtsmittelfrist, jedoch nach dem Datum der Beschlussfassung in erster Instanz über die Genehmigung der freihändigen Veräußerung gelegt, können sie im Rekursverfahren als neue Tatsache nicht mehr berücksichtigt werden. Sie können aber einen Hinweis darauf darstellen, dass der genehmigte Vertrag schon auf Basis der Sachlage zum Zeitpunkt der Fassung des angefochtenen Beschlusses nicht zweckmäßig war, soweit sie den ursprünglichen Kaufpreis mehr als nur geringfügig übersteigen (OLG Wien 28 R 3/09f ZIK 2009/221, 143; 28 R 296/09v ZIK 2011/44, 27; 6 R 8/17s; OLG Innsbruck 1 R 67/07y Mohr, IO11 § 117 E 75). Dem Kaufvertrag mit dem Bestbieter einer freihändigen Veräußerung ist aufgrund eines nachträglichen Kaufangebots nur dann die Bestätigung zu versagen, wenn ein erheblicher Nettomehrerlös erzielt wird. Die Erheblichkeitsschwelle wird nicht schon dann überschritten, wenn der Mehrbetrag des Überbots die mit dessen Berücksichtigung verbundenen Kosten und sonstigen Vermögensnachteile übersteigt. Vielmehr muss der für die Gläubiger verbleibende Nettomehrerlös eine bedeutsame Größenordnung erreichen. Bei einem 14 % höheren Erlös wurde diese Geringfügigkeit verneint, bei einer Kaufpreisdifferenz von 3 % hingegen bejaht (OLG Linz 2 R 191/05d Mohr, IO11 § 117 E 54; OLG Graz 3 R 83/10s Mohr, IO11 § 117 E 76; OLG Linz 2 R 233/08k Mohr, IO11 § 117 E 78). Gegen die Berücksichtigung geringer Überbote spricht, dass dadurch die Strategie von Kaufinteressenten gefördert würde, sich nicht (oder nicht ernsthaft) am Bieterverfahren zu beteiligen, sondern zunächst dessen Ausgang abzuwarten und dann gezielt zu versuchen, mit nachträglich offerierten höheren Kaufpreisen zum Zug zu kommen. Damit würde die eigentliche Lizitation auf die Ebene des Überbots verlagert.

Bei intensiven und lang andauernden Verkaufsbemühungen des Masseverwalters kann aus einem Alternativanbot, das (wie im Anlassfall) den vom Masseverwalter vereinbarten Kaufpreis nur um rund 4 % übersteigt, trotz Bestehens der Möglichkeit, dass sich Interessenten an der Liegenschaft noch weiter hochlizitieren, eine Unangemessenheit des Kaufpreises im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Instanz nicht abgeleitet werden.

 

ZIK 2021/171

IO: § 114 Abs 1, §§ 117, 260 Abs 2
OLG Wien 7.1.2021, 6 R 206/20p