Organisierter Gläubigerschutz ist in Österreich seit Jahrzehnten ein Erfolgsmodell: Warum das so ist und welche Aufgaben der KSV1870 wahrnimmt, lesen Sie in diesem Blogbeitrag.
Autorin: Petra Wögerbauer, Standortleiterin Linz
Der KSV1870 Standort Linz, den ich leite, feiert heuer sein 70-jähriges Jubiläum. Abgesehen von der internen Euphorie darüber, sind solche runden Geburtstage stets ein guter Anlass, um einen Blick in den Rückspiegel zu werfen. In meinem Fall, um abzuklären, ob wir unserem Auftrag - nicht nur in Linz – noch gerecht werden. Und dieser Auftrag hat seinen Ursprung in der Bevorrechtung von Gläubigerschutzverbänden, die in der Insolvenzordnung (§ 266 IO) festgeschrieben steht. Im Jahr 1925 hat der damalige Bundeskanzler dem bis zu diesen Zeitpunkt privatrechtlichen Verein KSV1870 die Bevorrechtung erteilt. Ab dann durften die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gläubiger nicht mehr nur informieren, sondern ihre Interessen auch vor Gericht vertreten - wie ein Anwalt. Das macht den KSV1870 zum Mandatar der heimischen Wirtschaft.
Weniger Akteure, bessere Ergebnisse
Ziel der Gläubigerschutzverbände ist der Erhalt der Unternehmen als Ganzes, sofern das wirtschaftlich sinnvoll und möglich ist, sowie schnell abgewickelte Verfahren. Doch rasch ausgehandelte, akzeptable Kompromisse bedürfen einer gut organisierten Gläubigerschaft. Und die Praxis hat gezeigt, dass wenige Akteure in Insolvenzverfahren bessere Erfolge bringen als viele. So werden Sanierungsplanangebote in Österreich mit wenigen, dafür aber höchst professionellen Gläubigervertretern ausverhandelt. Von den Ergebnissen profitieren alle Gläubiger, denn ein wesentlicher Eckpfeiler des Insolvenzrechts ist die Gleichbehandlung der Unternehmen (in letzter Zeit jedoch vermehrt auch Privatpersonen), die ihre Forderungen angemeldet haben.
Gläubigerschutz: Österreich ist ein Erfolgsmodell
Die Alpenrepublik verfügt über eine weltweit einzigartig hohe Quote an Unternehmenssanierungen. Rund ein Drittel der Betriebe schafft es, sich aus einem entsprechenden Verfahren heraus zu sanieren. Diese Unternehmen bleiben somit am Markt bestehen, schaffen Wertschöpfung und sorgen für Beschäftigung. Und dieser hohe Anteil lässt sich unmittelbar auf den organisierten Gläubigerschutz in Österreich zurückführen. In der Praxis beurteilen die Verbände stellvertretend für alle Gläubiger die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Sanierung und beraten ihr Klientel entsprechend. Die Verfahren können aufgrund der Bündelung der Interessen rasch abgewickelt werden und bringen Gläubigern - verglichen mit anderen Ländern - spürbare Rückflüsse. Und so kommt es, dass in Österreich jeder Gläubiger, egal ob Unternehmen oder Privatperson, einen Gläubigerschutzverband beauftragen kann, um seine Interessen zu vertreten. Bleibt die Frage: Warum den KSV1870?
- Der KSV1870 tritt schon geraume Zeit vor der Abstimmung über die Sanierungspläne bzw. Quoten mit der Schuldnerseite in Verhandlungen. Auf diese Weise können in vielen Fällen die von den Schuldnern angebotenen Zahlungs- und Sanierungspläne massiv verbessert werden. Das ermöglicht beste Quoten für alle Gläubiger und tragfähige Lösungen für die betroffenen Unternehmen gleichermaßen. Gerichtstagsatzungen sind damit gut vorbereitet und müssen nur in Ausnahmefällen auf weitere Termine erstreckt werden. Auch die Schuldnervertreter schätzen die sachlichen und emotional nicht belasteten Verhandlungen.
- Der KSV1870 kennt die Erwartungen seiner ständigen Mandanten. Wir richten die Verhandlungen entsprechend aus und stimmen in ihrem Sinne ab. Wer dem KSV1870 eine Generalvollmacht überträgt, hat einen Dienstleister an der Hand, der flächendeckend in Österreich Insolvenzverfahren verhandelt, sprich an allen ca. 140 Insolvenzgerichten aktiv ist. Erwähnen möchte ich auch, dass der KSV1870 bis zum Schluss verhandelt und sich nicht nur auf die Anmeldung der Forderungen beschränkt. Wir sind auch dann im Einsatz, wenn die Kosten des KSV1870 in einzelnen Fällen nicht gedeckt sind. Das kann nicht jeder Gläubigerschutzverband von sich behaupten. Und: Jahr für Jahr vertreten wir die Mehrzahl aller in Österreich von Insolvenzen betroffenen Gläubiger.
- Grundsätzlich können Gläubiger auch ohne Vertreter Forderungen anmelden. Es bedarf jedoch einiges an Knowhow, die Anmeldung formrichtig und korrekt zu verfassen. Gläubiger, die das tun, können sich dennoch bei Abstimmungen durch den KSV1870 vertreten lassen. Viele Großgläubiger (z. B. Abgabengläubiger, öffentliche Hand) und Anwälte nehmen diesen kostenfreien „Stimmrechts-Service“ gerne in Anspruch. Auf diese Weise sind bei den Abstimmungstagsatzungen meist rund 80 Prozent aller Gläubiger entweder durch Direktmandate oder Vollmachten repräsentiert. Die getroffenen Entscheidungen (Abstimmungen) können so ein hohes Maß an Legitimität in Anspruch nehmen, denn die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen steigt mit dem Quorum der Wählenden.
- Der KSV1870 wird regelmäßig in Gläubigerausschüsse berufen, um den Insolvenzverwalter bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen bzw. um dort die Interessen der Lieferantengläubiger zu vertreten. Auch das trifft nicht auf alle zu. Laut einer KSV1870 Erhebung aus dem Jahr 2015 bestellen Richter in rund 23 Prozent aller Insolvenzverfahren einen Gläubigerausschuss.
- Um die Interessen der Gläubiger von Beginn an zu schützen, ist der KSV1870 schon seit vielen Jahren Mitglied der Reformkommissionen des Justizministeriums im Bereich Insolvenzrecht und Gläubigerschutz. In diesem Gremium unterstützen wir mit Fachwissen und berichten aus der Praxis. Nachdem Insolvenzordnungen auch ein Politikum sind, werden sie gerne und vergleichsweise häufig novelliert. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Rechtsmittel zu erheben, um bei neuen Gesetzen Rechtssicherheit zu erlangen. So haben wir im Rahmen der 2017 in Kraft getretenen Privatinsolvenznovelle rd. 300 Rechtsmittelverfahren angestoßen, um für Transparenz bei unklar formulierten Übergangsbestimmungen zu sorgen.
Standortbestimmung in der Wirtschaft
Der Kreditschutzverband von 1870 zählt über 30.000 Mitglieder auf freiwilliger Basis in 42 Ländern und vertritt Gläubigerinteressen seit über 150 Jahren. Durch seine Mitglieder repräsentiert der Verband rund 1,5 Millionen Mitarbeiter, die für einen Umsatz von 500 Milliarden Euro verantwortlich sind. Wer sich also für den KSV1870 als Partner entscheidet, ist in prominenter Gesellschaft und öffnet sich gleichzeitig einem großen Service-Portfolio mit Fokus auf Liquiditätsstärkung und neuem Wachstum. Denn im Laufe der Jahrzehnte hat sich die KSV1870 Gruppe mit ihrem umfassenden Angebot in den Bereichen Insolvenz, Bonitätsprüfung, Forderungsmanagement bis hin zu Analytics- und Compliance-Lösungen zu einer der bedeutendsten Wirtschaftsplattformen Österreichs entwickelt. Wir sind immer an Ihrer Seite.