Gläubiger, deren Forderungen durch Absonderungsrechte zum Teil gedeckt sind, nehmen mit dem Ausfall am Sanierungsplanverfahren teil; solange dieser jedoch nicht endgültig feststeht, sind sie bei der Erfüllung des Sanierungsplans mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen.
Ist bei einer teilweise gedeckten Forderung die Höhe des Ausfalls strittig und liegt darüber keine Entscheidung nach der Regelung zum Stimmrecht bei Gläubigerversammlungen vor, so hat das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder des Gläubigers die mutmaßliche Höhe der bestrittenen Forderung oder des Ausfalls vorläufig festzustellen. Die für den Fall des Verzugs in der Erfüllung des Sanierungsplans vorgesehenen Rechtsfolgen können den Schuldner jedenfalls dann nicht treffen, wenn er teilweise gedeckte Forderungen bis zur endgültigen Feststellung der Höhe des Ausfalls in dem Ausmaß beglichen hat, das einer vom Insolvenzgericht getroffenen Entscheidung gemäß den Bestimmungen zum Stimmrecht oder zur vorläufigen Feststellung des Ausfalls entspricht.
Der Schuldner darf bei einer vom Absonderungsgläubiger selbst im Insolvenzverfahren ziffernmäßig angegebenen voraussichtlichen teilweisen Deckung der Insolvenzforderung durch das Absonderungsrecht zunächst davon ausgehen, dass die Höhe des mutmaßlichen Ausfalls nicht strittig ist. Dies ändert sich jedoch mit Zustellung der ersten qualifizierten Mahnung des Insolvenz- und Absonderungsgläubigers, aus der klar hervorgeht, dass dieser bei der Berechnung der an ihn zu zahlenden Sanierungsplanquote die gesamte anerkannte Insolvenzforderung (ohne Berücksichtigung des Absonderungsrechts) zugrunde legt. Die Nichtbegleichung des eingemahnten Restbetrags führt daher mangels (rechtzeitiger) Antragstellung zur vorläufigen Feststellung des Ausfalls zum Wiederaufleben der Insolvenzforderung.
Anmerkung: Diese Entscheidung betrifft den Fall des Verzugs des Schuldners mit der Erfüllung des Sanierungsplans, wenn der Insolvenzgläubiger zugleich Absonderungsgläubiger ist, wobei die Höhe des Ausfalls strittig ist. Die Aussage des OGH, dass die Nichtbegleichung des eingemahnten Restbetrags zum Wiederaufleben führe, ist missverständlich, setzt dieses doch voraus, dass die eingemahnte Forderung dem tatsächlichen oder voraussichtlichen Ausfall entspricht. Wenn der Schuldner die Höhe des Ausfalls richtig beurteilt und den sich hiebei ergebenden Betrag leistet, kommt es nicht zu einem Wiederaufleben; er trägt jedoch das Risiko des Wiederauflebens, wenn er den eingemahnten Betrag nicht begleicht und sich seine Beurteilung des Ausfalls im Prozess als unrichtig erweist. Diese Unsicherheit kann der Schuldner durch eine vorläufige Feststellung nach § 156b IO vermeiden, wie der OGH richtig bemerkt. Eine Stimmrechtsentscheidung hat die gleiche Wirkung. Eine solche erging aber nicht, der Gläubiger hat jedoch in seiner Anmeldung die voraussichtliche Deckung durch ein Absonderungsrecht angegeben; dies ist als Geltendmachung des Stimmrechts zu verstehen (Mohr, Sanierungsplan und Sanierungsverfahren [2010] Rz 113). Bei einer Stimmrechtsentscheidung darf das Gericht dem Gläubiger nicht ein höheres Stimmrecht als begehrt gewähren. Daher ist meines Erachtens (Franz Mohr) anzudenken, ob nicht auch dann ein Verzug zu verneinen ist, wenn der Schuldner, ausgehend von dem vom Gläubiger begehrten Stimmrecht, für das der Ausfall maßgebend ist, die Sanierungsplanquote leistet, ist dies doch die Obergrenze für den Betrag, für den das Gericht ein Stimmrecht zusprechen kann.
ZIK 2022/32
IO: §§ 93, 149 Abs 1, § 156b Abs 1 und 2
OGH 25.11.2021, 3 Ob 168/21h
Weitere Gläubigerschutztipps finden Sie in der Ausgabe 04/2022 des forum.ksv Magazins.