10-Jahresverlauf: Privatkonkurse verdreifacht

Wien, 12.03.2012 - Mehr als verdreifacht hat sich die Zahl der Privatkonkurse in den vergangenen 10 Jahren auf insgesamt 9.596 Fälle im Jahr 2011. Pro Tag waren im Vorjahr also 37 Personen von einem Schuldenregulierungsverfahren betroffen und streben damit eine Entschuldung an. Der Großteil (61 %) der Betroffenen befindet sich in der Altersklasse von 30 bis 50, in der traditionell viele Finanzierungen durchgeführt werden. Der Privatkonkurs ist dann das Ende einer langen Phase der Verschuldung. Anders bei jungen Menschen: 17 Prozent haben sich innerhalb von nur 10 Jahren (im Alter von 21 bis 30 Jahren) dermaßen überschuldet, dass es zur Insolvenz gekommen ist.

"Obwohl die Zahl der Privatkonkurse von Jahr zu Jahr steigt, könnte sie noch höher sein. Denn in Österreich sind eigentlich noch viel mehr Menschen in einer Höhe verschuldet, die ein Schuldenregulierungsverfahren notwendig machen würde. Die Angst vor der Stigmatisierung lässt die Betroffenen oft die Antragstellung hinauszögern. Kommt es dann doch zum Privatkonkurs, dann sind die Schulden nochmals höher. Das wäre in vielen Fällen vermeidbar", so Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG, der für eine frühzeitige Insolvenzanmeldung plädiert. "Grundsätzlich ist Verschuldung ein Phänomen, das Menschen aller Altersgruppen treffen kann. Dass aber 17 Prozent der Konkurse auf junge Menschen zwischen 21 und 30 Jahren zurückgehen, ist alarmierend. Dieser Prozentsatz ist nur die Spitze des Eisbergs - die Zahl der tatsächlich schwer verschuldeten Jungen dürfte um einiges höher sein."

Männer, Städter, Selbständige
Durchschnittlich 64 Prozent aller Privatkonkurse gehen auf das Konto von Männern, bei 36 Prozent der Fälle sind Frauen betroffen. Noch stärker geht die Schere bei den ehemaligen Selbständigen auf, hier sind drei Viertel Männer. Zudem hat sich gezeigt, dass der Privatkonkurs ein stark urbanes Phänomen ist: 73 Prozent aller Betroffenen leben im städtischen Raum. Die meisten Privatkonkurse gibt es in den nördlichen bzw. nord-östlichen Bundesländern Österreichs, wobei mit 3.868 Fällen mehr als ein Drittel aller Insolvenzen in Wien verzeichnet wird. Gemessen an der Einwohnerzahl sind die meisten Privatkonkurse in der Bundeshauptstadt im 10., 15., 16. und 12. Gemeindebezirk, die wenigsten im 1., 8., und 13. zu finden.

Bundesland

W Blgd Sbg Vlbg T Stmk Ktn Österreich
Anzahl 3.868 1.046 154 1.270 427 597 728 749 757 9.596
männlich 2324 709 103 845 276 411 489 505 501 6.163 (64 %)
weiblich 1544 337 51 425 151 186 239 244 256 3.433 (36 %)
Stadt 3868 497 47 797 270 230 420 457 406 6.992 (73 %)
Land 0 549 107 473 157 367 308 292 351 2.604 (27 %)
bis 30 605 152 21 275 88 102 132 89 174 1.638 (17 %)
30-50 2325 644 94 784 256 359 437 507 431 5.837 (61 %)
50 plus 938 250 39 211 83 136 159 153 152 2.121 (22 %)

Einkommen entscheidet
Die durchschnittlichen Schulden pro Fall beliefen sich 2011 auf rund 124.000 Euro. Darin enthalten sind die Schulden ehemaliger Unternehmer (35 % aller Verfahren) die als Einzelunternehmer haften. Die tatsächlichen Schulden dieser Gruppe betrugen 250.000 Euro pro Fall. Die Schulden der "echten" Privaten belaufen sich auf knapp 60.000 Euro. "Damit ist die gescheiterte Selbständigkeit eine gewichtige Ursache für die Pleiten. Weitere Faktoren für die Verschuldung sind die Verschlechterung des Einkommens bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes (27 %), Krankheit/Scheidung (23 %) und der sorglose Umgang mit Geld bzw. andere Gründe (15 %)", analysiert Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz beim KSV1870.

Konstanter Anstieg der Privatkonkurse
"In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Privatinsolvenzen kontinuierlich angewachsen und das bedeutet, dass immer mehr überschuldete Menschen in Österreich diesen harten Schnitt machen und sich über einen Privatkonkurs ihre Schulden zu regulieren. Der Anstieg ist vor diesem Hintergrund ein grundsätzlich positives Zeichen", so Kantner. Die Schulden wachsen damit nicht mehr weiter und die Verfahrenseröffnung markiert den Start zu einem finanziellen Neuanfang. Werden dann innerhalb von sieben Jahren zumindest 10 Prozent der Forderungen zurückgezahlt, dann erlangt der Betroffene ein Anrecht auf Restschuldbefreiung. Nach den statistischen Erhebungen des KSV1870 schaffen das über die Jahre knapp über 80% der Betroffenen.

Seit Einführung des Entschuldungsverfahrens vulgo Privatkonkurs im Jahr 1995 wurden mehr als 80.000 Verfahren in Gang gesetzt. Für 2012 werden mehr als 10.000 solche Privatkonkurse erwartet.

Die KSV1870 Gruppe in Kürze
Der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) ist der führende Gläubigerschutzverband Österreichs, mit dem Ziel, Wirtschaftstreibende vor finanziellem Schaden zu bewahren und damit ihre Liquidität zu fördern. Vorstand und Präsidium haben die operative Geschäftsführung an Johannes Nejedlik und Karl Jagsch übertragen. Internationale Wirtschaftsauskünfte, Inkasso-Dienstleistungen oder Vertretungen in Insolvenzverfahren sichern den Kunden der KSV1870 Gruppe jenen entscheidenden Wissensvorsprung, der für professionelles Risikomanagement notwendig ist.

81 Prozent der Wirtschaftsinformationen werden online abgerufen. Auch Inkasso- und Insolvenzdienstleistungen können über www.ksv.at genutzt werden. Heute steht die KSV1870 Gruppe für kompetente Dienstleistungen ebenso wie für weltweite Verbindungen. Über ihre Tochtergesellschaften, Kooperationen und Beteiligungen betreut sie rund 21.000 Mitglieder im In- und Ausland. Allein in Österreich wurden im Jahr 2010 von 410 Mitarbeitern EUR 44 Mio. Umsatz erwirtschaftet.