Wien, 05.10.2010
Unternehmensinsolvenzen I. - III. Quartal 2010
Auf Basis der aktuellen Zahlen für das erste bis dritte Quartal 2010 lassen sich bereits jetzt folgende Aussagen treffen:
- Der rückläufige Trend der Unternehmenseinsolvenzen setzt sich fort: In den ersten drei Quartalen sind 4.778 Unternehmen insolvent geworden. Das ist ein Minus von 8 % gegenüber dem Jahr 2009. Damit haben sich die österreichischen Wirtschaftstreibenden 2010 sehr gut geschlagen.
- Die von Insolvenzen betroffenen Dienstnehmer liegen sogar mit fast 18 % unter dem Wert des Vorjahres: das zeigt, dass die Fälle wesentlich kleiner geworden sind.
- Mit 57 eröffneten Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung seit dem 1. Juli 2010 darf konstatiert werden, dass das neue Sanierungsrecht in der Praxis sehr schnell angenommen wurde.
Unternehmensinsolvenzen I. – III. Quartal 2010 | 2010 | 2009 | Veränderung | |
Eröffnete Insolvenzen | 2.617 | 2.802 | - | 6,6 % |
Nichteröffnete Insolvenzverfahren (mangels kostendeckenden Vermögens) | 2.161 | 2.393 | - | 9,7 % |
Gesamtinsolvenzen | 4.778 | 5.195 | - | 8,0 % |
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR | 2,5 Mrd. | 2,9 Mrd. | - | 13,8% |
Es erscheint ganz so, als ob die Krise des Jahres 2009 bereits überwunden werden konnte, jedenfalls liegen die Insolvenzzahlen deutlich unter den Zahlen des Vergleichszeitraumes 2009.
Das neue Sanierungsrecht der Insolvenzordnung (in Kraft seit dem 1.7.2010) wurde unterschiedlich beurteilt: So manche Praktiker sehnten die neue Rechtslage geradezu herbei und bedauerten, dass diese nicht bereits seit dem 1.1.2010 in Geltung steht - wie es eigentlich von der Politik im Herbst 2008 beschlossen worden war. Andere standen dem neuen Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung distanzierter gegenüber. Vor allem weil es durch die Zusammenziehung aller sanierungsrelevanten Bestimmungen nun rechtlich wenig Unterschied macht, ob eine Sanierung mit Eigenverwaltung oder ohne diese stattfindet. Daher darf es als - jedenfalls gegenwärtiger - Erfolg angesehen werden, dass in den ersten Monaten nach dem Inkrafttreten des neuen Insolvenzrechtes immerhin 57 Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eröffnet wurden.
Eröffnete Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
Bundesland |
Juli 2010 |
August 2010 |
September 2010 | Summe 3. Quartal | Entzug der Eigen-verwaltung | Bereinigte Anzahl |
Wien | 7 | 4 | 5 | 16 | 4 | 12 |
Niederösterreich | 2 | 4 | 9 | 15 | 2 | 13 |
Burgenland | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Oberösterreich | 2 | 0 | 3 | 5 | 0 | 5 |
Salzburg | 0 | 0 | 3 | 3 | 0 | 3 |
Vorarlberg | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Tirol | 1 | 0 | 1 | 2 | 0 | 2 |
Steiermark | 5 | 1 | 3 | 9 | 2 | 7 |
Kärnten | 4 | 1 | 2 | 7 | 3 | 4 |
Gesamt | 21 | 10 | 26 | 57 | 11 | 46 |
Die Anzahl der Fälle, in denen die Eigenverwaltung zu entziehen war, ist aktuell nicht besonders aussagekräftig, da noch nicht alle Verfahren aus dem September 2010 die Berichtstagsatzung innerhalb von 3 Wochen durchmessen haben.
Ausblick auf das Jahr 2010
Die Insolvenzzahlen sind auf dem Rückzug und werden dies im Gesamtjahr auch bleiben.
Verglichen mit dem Jahr 2009 ist 2010 ein Minus von 8 bis 10 % zu erwarten. Zwar sind vierte Quartale erfahrungsgemäß auch insolvenzstarke Quartale, aber das war auch schon im Jahr 2009 so.
Es wäre aber verfrüht, deshalb bereits eine Entwarnung zu geben. Es darf nicht vergessen werden, dass die verhältnismäßig sanfte Landung der österreichischen Wirtschaft nicht unwesentlich durch beherzte Maßnahmen der Politik (Steuersenkung, deficit spending) ermöglicht wurde. Die ins Haus stehenden Belastungen im Zuge der Sanierung des Schuldenstandes der Republik Österreich auf ein verträgliches und letztlich auch Maastricht-konformes Niveau, wird zweifellos einen dämpfenden Effekt auf die heimische Nachfrage nach Investitions- aber noch mehr nach Konsumgütern nach sich ziehen. Die Gefahr ist daher nicht gebannt, dass Steuererhöhungen zu einer psychologisch induzierten Überreaktion bei den Konsumenten führen.
Privatkonkurse I. - III. Quartal 2010
Scheinbar im Sog des Rückganges der Unternehmensinsolvenzen sind auch die Privatkonkurse in den ersten drei Quartalen mit 0,7 % rückläufig gewesen. Ausnahmen sind das notorische „Privatkonkurs-Bundesland" Wien, aber auch die Steiermark.
Die eigentliche Ursache für die Stagnation der Privatkonkurse auf hohem Niveau ist einerseits die schwierige Situation am Arbeitsmarkt, der ja den Schuldnern insofern einen Rückhalt geben muss, als diese über Jahre hinweg regelmäßige Zahlungen werden leisten müssen. Wer sich das nicht zutraut, möchte es dann gar nicht versuchen. Weiters hat auch die laufende Debatte um eine Erleichterung der Schuldbefreiung durch eine Novelle des Privatkonkursrechtes zweifellos ein Zögern in den Markt gebracht, da offenbar manche abwarten, was sich tatsächlich ändern wird.
Privatkonkurse I. – III. Quartal 2010 |
2010 | 2009 | Veränderung | |
Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren | 6.793 | 6.843 | - | 0,7 % |
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten | 888 Mio. | 863 Mio. | + | 2,9 % |
In den ersten drei Quartalen sind 6.793 Personen in ein Privatkonkursverfahren gekommen - der weit überwiegende Teil dieser Menschen wohl nicht „aus freien Stücken" wie es heißt, aber immerhin auf eigenen Antrag. Es sind Menschen, die oft schon geraume Zeit überschuldet waren und letztlich viel Überwindung und Disziplin benötigen, um auf diesen beschwerlichen und entbehrungsreichen Weg aufzubrechen, der bis zu 7 Jahre dauern kann.
Prognose für 2010
Wahrscheinlich wird das Jahr 2010 knapp unter dem Wert des Jahres 2009 schließen, möglicherweise etwa gleich auf. Abweichungen von plus oder minus einem Prozent sind dabei wahrscheinlich noch nicht signifikant, wie ja auch der Rückgang 2010 nur vorübergehend sein wird.
Den ausführlichen Kommentar sowie die Detailzahlen finden Sie im untenstehenden Download zur Verfügung gestellt.
Für den Inhalt verantwortlich:
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter KSV1870 Insolvenz
1286358202708_0_Insolvenzstatistik_Unternehmen_QI-III2010.pdf