Insolvenzstatistik Unternehmen und Private 2011

Unternehmensinsolvenzen 2011

Mit 3.260 eröffneten Insolvenzverfahren über Unternehmen im Jahr 2011 ist ein weiterer Rückgang um über 7 % zu verzeichnen. Die mangels Vermögens nicht eröffneten Verfahren sanken sogar um ca. 9 %. Zusammen ergibt das 5.869 Pleitefirmen und ein Minus von 8 %.

Insgesamt ist das Jahr 2011 daher ein insolvenzseitig gutes Jahr für die Wirtschaft. Die betroffenen Dienstnehmer liegen rund 14 % unter dem Vorjahr - bei den betroffenen Verbindlichkeiten ist es gar ein Minus von etwas über 40 %.

Auch wenn die Zahlen 2010 teilweise dem ATEC-Konzern geschuldet waren (mit insgesamt EUR 1,3 Mrd. Passiva) so beträgt der Rückgang der Passiva ohne Berücksichtigung von ATEC immer noch 21 %.

Die österreichischen Unternehmen haben im Jahr 2011 teilweise solide Gewinne geschrieben - die Auftragsbücher haben sich vielfach erholt. Die österreichische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren als wesentlich robuster erwiesen als vielfach erwartet worden war.

Unternehmensinsolvenzen 2011

2011 2010 Veränderung
Eröffnete Insolvenzen 3.260 3.522 - 7,4 %
Nicht eröffnete Insolvenzverfahren(mangels kostendeckenden Vermögens) 2.609 2.854 - 8,6 %
Gesamtinsolvenzen 5.869 6.376 - 8,0 %
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR 2,8 Mrd. 4,7 Mrd. - 40,4 %

Reformvorhaben der Politik
Ausgehend von gewissen Vorstellungen der EU („Small Business Act") überlegt das Justizministerium derzeit, für insolvent gewordene Unternehmer eine raschere Entschuldung und damit auch rascher eine sogenannte „zweite Chance" zu ermöglichen. Grundsätzlich ist jede Initiative zur Förderung der Interessen der mittelständischen Unternehmer aus Sicht des KSV1870 nur zu begrüßen. Nur gerade diese nicht: Sie beinhaltet nämlich den Vorschlag, innerhalb von drei Jahren ab Insolvenz den haftenden Unternehmer automatisch von seinen Schulden zu befreien, um ihm so die Chance auf neuerliche unternehmerische Betätigung zu eröffnen. Diese Idee geht nicht nur am Problem vorbei, sondern übersieht auch, dass die derzeitige Geschäftspraxis in Österreich so ist, dass ehemals Insolvente oft nicht einmal einen Handyvertrag bekommen, wie sollen sie da mit Aussicht auf Erfolg ein Unternehmen gründen können?

Ausblick auf 2012
In der Vergangenheit haben Zinsniveau und die Bereitschaft der Geschäftsbanken, ihren Kunden unter die Arme zu greifen, viel Einfluss auf das Insolvenzgeschehen gehabt. Die österreichische Wirtschaft ist durchaus gut aufgestellt und kann im Windschatten der deutschen Wirtschaft auch international gut punkten. In den letzten 3 Jahren haben die heimischen Banken gezeigt, dass sie über ein ausgesprochen professionelles Krisenmanagement bei ihren Firmenkunden verfügen. Daraus kann die Zuversicht geschöpft werden, dass auch eventuell kommenden Problemen im Gefolge einer Abflachung der internationalen Konjunktur gleichermaßen begegnet werden wird. Außerdem ist jede Konjunkturabflachung mit einer Senkung der Rohstoffpreise verbunden, was letztlich synchron mit eventuellen Umsatzrückgängen eine Kostensenkung bedeutet.

Daher erwartet der KSV1870 für das Jahr 2012 keinesfalls eine dramatische Zunahme der Unternehmenszusammenbrüche, sondern eher eine Seitwärtsbewegung, also ein Insolvenzgeschehen etwa auf dem Niveau von 2011.

Die vollständige Analyse von Dr. Hans-Georg Kantner sowie die Detailzahlen finden Sie im untenstehenden Download bereitgestellt.

Privatinsolvenzen 2011

Auch im Jahr 2011 ist die Anzahl der Schuldenregulierungsverfahren in Österreich angestiegen, und zwar um 6,3 % auf 9.596 eröffnete Verfahren. Das entspricht pro Tag
37 Personen, die bei Gericht eine Schuldenregulierung anstreben.
 

Privatkonkurse 2011

2011 2010 Veränderung
Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren 9.596 9.028 + 6,3 %
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten 1.194 Mio. 1.223 Mio - 2,4 %
 

Dem Privatkonkurs hatte man an seiner Wiege exorbitante Zahlen prognostiziert: von 20.000 Verfahren pro Jahr war damals die Rede. 17 Jahre nach seiner Einführung am 1.1.1995 sind es nicht einmal 10.000 Personen, die eine Regulierung ihrer Schulden anstreben. Was langsam wächst (im Jahr 1995 waren es 780 Verfahren), hat auch langen Bestand: Das österreichische Verfahren darf als beispielhaft angesehen werden, v. a. wenn man nach Deutschland blickt, wo seit dem Jahr 1999 alle Beteiligten in hohem Maße unzufrieden mit dem Privatkonkursrecht sind. Der österreichische Gesetzgeber war wesentlich praxisnäher und realistischer als der deutsche und hat Regeln geschaffen, die halten, was sie versprochen haben: Eine faire und gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger im Rahmen des Möglichen und eine 7jährige Anspannung der Schuldner mit einem Rechtsanspruch auf Erlass der Restschulden, wenn zumindest 10 % herausgekommen sind, was grob gesprochen den Konto-Zinsen eines einzigen Kalenderjahres entsprochen hatte.

Konkursantragspflicht und Entschuldung:
Es mag nicht jedem in Österreich lebenden Bürger bewusst sein, aber das Gesetz (Insolvenzordnung) erlegt einem Schuldner eine unverzügliche Konkursbeantragung auf, wenn Zahlungsunfähigkeit eintritt, was bei der natürlichen Person der maßgebliche Insolvenztest ist. Zahlungsunfähig ist ein Schuldner lt. OGH (19.1.2011 zu 3Ob 99/10w), wenn er mehr als 5 % seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen kann. Eine bloße Zahlungsstockung liegt nur dann und solange vor, als der Schuldner mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb von nicht mehr als 3 Monaten alle fälligen Verbindlichkeiten bezahlen kann. Diese Entscheidung betraf wohl ein Unternehmen (eine GmbH), aber es ist anzunehmen, dass hinsichtlich der natürlichen Person bzw. dem Verbraucher ähnliche (strenge) Maßstäbe anzulegen sind. Sobald Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, verlangt § 69 Insolvenzordnung vom Schuldner, dass er selbst unverzüglich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt.

Ausblick auf 2012
Unter der Prämisse, dass eine kurzfristige Novelle oder Änderung der Spielregeln nicht ins Haus steht, wird das Jahr 2012 ähnliche Zahlen wie 2011 erbringen. Ein weiteres Anwachsen der Schuldenregulierungen um etwa 5 % ist zu erwarten, was die Zahl dieser Verfahren 2012 definitiv über die magische Schwelle von 10.000 heben würde.

Wien, 05.01.2012

Die vollständige Analyse von Dr. Hans-Georg Kantner sowie die Detailzahlen finden Sie im nachstehenden Download bereitgestellt.

1326285409018_KSV1870_Insolvenzstatistik-Unternehmen_Private_2011.pdf