Im Jahr 2012 waren über 80 % der Insolvenzen hausgemacht. Sie beruhten auf Managementschwächen, falschen Entscheidungen, Fahrlässigkeit oder mangelndem Eigenkapital. Nur 17 % der Insolvenzen waren auf externe oder nicht beherrschbare Umstände wie Krankheit oder höhere Gewalt zurückzuführen. Gesamt betrachtet scheiterten 1,5 % der österreichischen Unternehmer.
Im Jahr 2012 wurden 3.505 Insolvenzverfahren über Unternehmen in Österreich eröffnet, weitere 2.536 wurden mangels Vermögens abgewiesen. Letztere bestehen aus bereits lange geschlossenen Geschäftsbetrieben sowie Unternehmern, die einfach weiterwursteln und die es dann meist im Folgejahr „erwischt". Nicht zuletzt verstecken sich darunter auch zahlreiche Betrüger, die auf diesem Wege der Prüfung durch den Insolvenzverwalter entgehen.
Kapitalarmut
Unternehmer profitieren von ihren Erfolgen, tragen aber auch ihr Risiko selbst. Genau dies übersieht eine Initiative der Wirtschaftskammer: Sie verlangt die deutliche Herabsetzung des Mindeststammkapitals der GmbH von derzeit EUR 35.000,- auf lediglich 10.000,- mit dem Effekt, dass der vollen Zuweisung der Gewinne an den Eigentümer nur eine minimale Risikotragung durch den Eigentümer gegenübersteht. Dadurch wird das Grundprinzip des selbstständigen wirtschaftlichen Handelns beeinträchtigt. Eine der Folgen wird sein, dass Gerichte in Zukunft weit mehr als bisher eine Eigentümerhaftung für erhebliche Unterkapitalisierung bei der Gründung einfordern werden. Dieser Vorgang ist im angloamerikanischen Rechtskreis als „piercing the corporate veil" seit langem bekannt und etabliert.
Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG: „Die Anzahl der Gründungen in Österreich darf nicht dadurch gesteigert werden, dass man substanzlose Unternehmen auf den Markt bringt. Je weniger Risikopuffer ein Unternehmen am Tag der Gründung hat, desto weniger Kapital wird ihm von Dritten zur Verfügung gestellt werden und desto weniger Fehler darf es begehen. Bei sehr wenig Kapital kann der erste Fehler schon der letzte sein. Bereits heute ist bei 13 % mangelndes Eigenkapital die Insolvenzursache".
Kaufmännischer Weitblick
38 % aller Ursachen begründen sich auf mangelnde bzw. falsche Planung. Dem kaufmännischen Weitblick verdanken wir eine Vielzahl von Neuerungen und Erfindungen, den überwiegenden Teil unseres Wohlstandes und in dessen Windschatten das Wesen unserer Kultur. Daher darf es nicht wundern, dass das Fehlen dieses Weitblicks zu Scheitern und Insolvenz führt.
Dr. Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des KSV1870: „Die Schwankung der Ursachen ist Spiegel der Konjunktur und z. B. auch die Verfügbarkeit von Bankkrediten und externe Krisenphänomene liefern ihren Input. Die paar tausend Unternehmen, die jedes Jahr insolvent werden sind der Schatten, den die erfolgreichen Unternehmen werfen. Erfolg soll nach der Rechtsordnung jedem zu gleichen Bedingungen offen stehen, aber er ist niemandem garantiert. Ohne Wettbewerb kein Wohlstand - ohne Wettbewerb aber auch keine Pleiten. Daher: kein Wohlstand ohne Pleiten.
Methodische Bemerkungen:
In ca. 92 % dieser Fälle konnte die Ursache für die Insolvenz durch einen KSV1870 Experten unmittelbar identifiziert werden. Damit gestatten über 3.000 Einträge eine belastbare statistische Aussage. Die Gründe für die Insolvenz werden aus einem „multiple-choice" Raster ausgewählt, der 13 „vorgefertigte" Möglichkeiten gestattet und so eine stringente statistische Auswertung ermöglicht.
Für den Inhalt verantwortlich:
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter KSV1870 Insolvenz
Im folgenden Download finden Sie die Insolvenzursachen 2012.