Unternehmensinsolvenzen: 33 % mehr Dienstnehmer betroffen!
Wien, 5.4.2016 - Der Anstieg der eröffneten Unternehmensinsolvenzen um 10 % bedeutet, dass der prognostizierte Zuwachs nun messbar geworden und die Talsohle durchschritten ist. Der Anstieg der Passiva um 256 % klingt spektakulärer als er ist: Er ist der Pleite zweier reiner Holdinggesellschaften geschuldet.
Die beiden Unternehmen Activ Solar und Slav Handel haben ihre Verbindlichkeiten vor allem gegenüber ukrainischen Banken. Diese Fälle, bei denen auch eingefrorenes Vermögen eine Rolle spielt, stellen keine typischen österreichischen Pleiten dar und verzerren daher die Gesamtstatistik. Doch auch davon abgesehen, sind ein Anstieg der Passiva sowie ein eklatanter Zuwachs bei den betroffenen Dienstnehmern um 33 % zu registrieren.
Insolvenzexperte Dr. Hans-Georg Kantner zur momentanen Situation: „Erfreulich ist, dass sich die nicht eröffneten Insolvenzverfahren, die zuletzt stark zurückgingen, weiter auf eher niedrigem Niveau halten. Die Eröffnung beendet ja ein oft jahrelanges Siechtum und bietet die Chance zur Sanierung. Ganz und gar nicht erfreulich hingegen ist der Anstieg der betroffenen Dienstnehmer auf 6.000 im ersten Quartal. Besonders in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit ist zu hoffen, dass zumindest ein Teil der betroffenen Jobs erhalten werden kann."
Bundesländer-Analyse
In Salzburg ist der Anstieg um mehr als 62 % vor allem kleinen und kleinsten Fällen geschuldet, es handelt sich dabei um einen Aufholeffekt in dieser Unternehmenskategorie. Ein ähnlicher Trend zu kleinen Fällen ist in Niederösterreich zu verzeichnen, wo die Passiva mit EUR 45 Mio. etwas mehr als die Hälfte des Vergleichszeitraums 2015 betragen. Ein großer Teil der ohnehin schon vergleichbar geringen Passiva entfällt auf einen einzigen Insolvenzfall, das Sanierungsverfahren der Franz Bamberger GmbH. Gleiches gilt auch für das Burgenland, wo die Hälfte der Gesamtpassiva einem einzigen Fall, nämlich der Insolvenz VRL Thermensuiten GmbH zuzuordnen ist. In Tirol ist ein gewisser Nachholeffekt zu verzeichnen, nachdem sich die Anzahl der Verfahren in den Jahren bis 2014 auf einem eher geringen Niveau befunden hatte.
Branchen-Analyse
Die beiden großen Insolvenzen der eingangs erwähnten Holdinggesellschaften haben auch bewirkt, dass sich die Branche der unternehmensbezogenen Dienstleistungen bei der Höhe der Passiva an die Spitze der Tabelle gesetzt hat. Dieses Ergebnis kann ebenfalls einer realistischen Betrachtung nicht Stand halten. Es ist – wie schon in den Vorjahren – die Bauwirtschaft, die auch im ersten Quartal 2016 dieses Ranking anführt. Auch dass sich die Branche „Lebens- und Genussmittel" im Spitzenfeld befindet, liegt an einer Ausnahme: Die Pleite der Steirerfrucht-Firmengruppe hat diese Branche nach vorne katapultiert.
Ausblick
„Ein Rückgang der Insolvenzen ist mittelfristig nicht zu erwarten. Doch ist auch ein eklatanter Anstieg derzeit unwahrscheinlich. Solange die Niedrigzins-Politik andauert, können sich viele überschuldete Unternehmen zum Teil gerade noch auf dem Markt halten. Spätestens, wenn die Zinsen steigen, werden diese Firmen das Handtuch werfen müssen", fasst Hans-Georg Kantner seine Einschätzung zusammen.
Die Analyse zu den Unternehmensinsolvenzen mit Detailzahlen.
Privatkonkurse bleiben auf hohem Niveau
Wien, 5.4.2016 - Kaum eine Veränderung gibt es bei Anzahl und Höhe der Verbindlichkeiten bei den Schuldenregulierungsverfahren im ersten Quartal 2016.
Das erste Quartal ist aufgrund seiner vielen Ferien- und Feiertage nicht so aussagekräftig im Hinblick auf die Gesamtentwicklung wie die übrigen. Derzeit ist die Situation in allen österreichischen Bundesländern mit einigen Ausnahmen ähnlich. In Salzburg zeigt sich, dass eine vorübergehend schwächere Besetzung der Schuldnerberatungen nun wieder kompensiert werden konnte, was zu einem Anstieg der Verfahren um 9 % geführt hat. In Kärnten ist ein gegenteiliger Trend zu beobachten, was zum Teil mit der schwachen Entwicklung am Arbeitsmarkt zusammenhängt. Ein wesentlicher Grund ist im Bereich der Schuldnerberatung zu finden: Einige Außenstellen in Kärnten wurden geschlossen und auf Sprechtage reduziert.
Kommentar von KSV1870 Insolvenzexperten Dr. Hans-Georg Kantner: „Auch wenn es für Außenstehende seltsam klingen mag: Jeder eröffnete Privatkonkurs ist für den Betroffenen eine Erleichterung. Er bedeutet, dass die laufende Zunahme der Verbindlichkeiten durch Zinsen und Kosten ein Ende hat und dass der erste Schritt zurück in ein geordnetes Leben getan ist. Die durchschnittliche Höhe der Schulden pro Verfahren ändert sich kaum. Eingerechnet sind in diese Statistik ja auch ehemals Selbstständige, deren Verbindlichkeiten deutlich von jenen „echter" Privater abweichen. Wir raten allen Betroffenen, nicht zu lange mit dem Insolvenzantrag zuzuwarten. Durch Zinsen und Kosten kommt es in der Regel zur Verdoppelung der ursprünglichen Schulden innerhalb von bereits drei bis fünf Jahren. Der Privatkonkurs stoppt diese Negativspirale und verschafft den Betroffenen Luft, indem er ihnen bis zu 10 Jahre Zeit gibt, ihre Schulden zu tilgen, ohne das eigene Existenzminimum zu gefährden. Es gibt in Österreich noch viele Personen, die diesen Ausweg aus ihrer Schuldensituation beschreiten sollten. Eine genaue Prognose darüber, wie viele es im Lauf dieses Jahres sein werden, wird wohl erst zum Halbjahr seriös zu erstellen sein.
Die Analyse zu den Privatinsolvenzen mit Detailzahlen.