Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, über den Investitionsfreibetrag als Impulsgeber, CO2-Bepreisung und Mitarbeitererfolgsbeteiligung.
Interview: Stephan Scoppetta
Die Eckpunkte der ökosozialen Steuerreform wurden bereits im Herbst verabschiedet. Nun stehen auch die Details fest, und die Reform wurde fixiert. Bringt diese Reform wirklich das, was sie verspricht?
Karlheinz Kopf: Im Sinne der Wirtschaft ist tatsächlich vieles gelungen mit dieser Steuerreform. Viele unserer Forderungen nach einer breit angelegten Entlastung werden umgesetzt. Und das ist gerade jetzt, wo die Auswirkungen der Pandemie nach wie vor massiv belasten, besonders wichtig. Das trifft auf Betriebe ebenso wie Bürgerinnen und Bürger zu – alle haben sich diese Entlastungen als Anerkennung und Motivation in dieser herausfordernden Zeit verdient.
Welche Vorteile haben die Unternehmen aus dieser Reform?
Ein ganz wesentlicher Vorteil ist, dass die diversen steuerlichen Erleichterungen Unternehmen aller Größenklassen erreichen. Dafür haben wir uns starkgemacht.
Ein wichtiger Faktor ist die Anhebung des Investitionsfreibetrages. Welche Impulse erwarten Sie sich hier für die heimische Wirtschaft?
Die Investitionsprämie war das richtige Instrument zur richtigen Zeit. Sie ist von den Unternehmen ausgezeichnet angenommen und sehr stark nachgefragt worden. Deswegen haben wir auf ein Nachfolgemodell gedrängt. Wir erhoffen uns vom Investitionsfreibetrag ebenso starke Investitionsimpulse. Damit können unsere Betriebe Spielraum gewinnen, um Neuinvestitionen vor allem in Zukunftsbereichen zu tätigen und so den digitalen und ökologischen Wandel für sich bestmöglich zu nutzen.
"Wir erhoffen uns vom Investitionsfreibetrag ebenso starke Investitionsimpulse. So können unsere Betriebe Spielraum gewinnen, um Neuinvestitionen vor allem in Zukunftsbereichen zu tätigen."
Eine besondere Herausforderung ist die CO2-Bepreisung. Muss man hier nicht fürchten, dass besonders die energieintensiven Betriebe in Österreich über Gebühr belastet werden?
Für besonders energieintensive Betriebe gibt es Ausnahmen bzw. Kompensationen. So sind jene, die ohnehin dem EU-Emissionshandel unterliegen, von der nationalen CO2-Bepreisung ausgenommen. Damit werden Doppelbelastungen vermieden. Und für andere wird im produzierenden Bereich eine Carbon-Leakage-Regelung nach deutschem Vorbild eingeführt. Auf diese Weise wird jenen Unternehmen geholfen, für die ein Wechsel auf CO2-neutrale Alternativen derzeit noch nicht möglich ist. Wichtig ist aber, dass auf besondere Härtefälle Rücksicht genommen wird. Hier gibt es noch Nachbesserungsbedarf.
Entsteht durch die nun sich verteuernden Rahmenbedingungen nicht ein Wettbewerbsungleichgewicht für heimische Betriebe?
Durch die genannten Kompensationen werden die Betriebe nicht über Gebühr belastet. Wir konnten in Summe eine moderate CO2-Bepreisung erreichen. Aber natürlich haben Sie recht, dass Österreich bzw. Europa längerfristig nicht der einzige Wirtschaftsraum bleiben darf, der einen Preis auf den CO2-Ausstoß einhebt. Daher drängen wir auf weitsichtige Initiativen auf europäischer Ebene, zum Beispiel könnte ein Klimaklub wichtige Impulse setzen.
Die Ökologisierung des Steuersystems hat aber auch Auswirkungen auf die NoVA. Viele Fahrzeuge, besonders für kleinere Handwerksbetriebe, werden nun empfindlich teuer. Ist das nicht eine große Belastung gerade für die Unternehmen, die nun schon durch die Krise schwer gebeutelt sind?
Keine Frage, die NoVA-Erhöhung bzw. -Ausweitung auch auf leichte Nutzfahrzeuge stellt eine schmerzliche Belastung für viele Betriebe dar. Wir konnten aber einen gewissen Aufschub erreichen. Da es nicht zuletzt coronabedingt zu erheblichen Verzögerungen in den Lieferketten kommt, wurde die Übergangsbestimmung für die Lieferung bis Ende April 2022 erstreckt, für Fahrzeuge, deren Kaufvertrag vor dem 1. Juni 2021 abgeschlossen wurde.
Besonders Start-ups kritisieren, dass die aktuell vorhandenen Mitarbeiterbeteiligungsmöglichkeiten nicht zeitgemäß seien. Müsste man hier nicht nachschärfen?
Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass ein Modell der Mitarbeitererfolgsbeteiligung etabliert wurde. Das schafft Win-win-Situationen für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Es gibt auch schon konkrete Überlegungen für die Schaffung eines Mitarbeiterkapital-Beteiligungsmodells für Start-ups. Hier sollte es bald zur Umsetzung kommen. Eine steuerliche Begünstigung für die Mitarbeitergewinnbeteiligung wird im Rahmen der ökosozialen Steuerreform aktuell umgesetzt.
Vielen Kritikern ist diese Steuerreform zu wenig ökologisch. Ist das für Sie nachvollziehbar?
Die Reform bezieht erstmals ökologische Elemente in die Besteuerung mit ein. Dieser Einstieg in die Ökologisierung ist ein großer Schritt. Es wird freilich immer jemanden geben, dem dies zu wenig ist. Wir dürfen im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsräume nicht zu weit vorauseilen und auch die privaten Haushalte nicht überfordern.
Foto: Cover-Interview_WKÖ-Marek-Knopp-2
Credit: WKÖ/Marek-Knopp