Warum der Umgangston immer rauer wird und welche Trends im Forderungsmanagement zu beobachten sind, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH.
Die Wirtschaftslage ist herausfordernd, vereinfacht ausgedrückt. Ist es schwerer geworden, Rechnungen zu inkassieren?
Walter Koch: Es mag überraschen, aber das Zahlungsverhalten der Konsumenten in Österreich hat sich nicht verschlechtert. Es ist unverändert auf hohem Niveau. Das belegt unsere aktuelle Umfrage im Rahmen des KSV1870 Austrian Business Checks. Auch interne Analysen haben ergeben, dass die Verteilungsquoten „overall“ nicht schlechter geworden sind. Aber natürlich haben die erschwerten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Auswirkungen. Laut Studie haben sich die Konsumenten darauf eingestellt. Mehr als die Hälfte der Konsumenten kauft weniger, was wiederum die Wirtschaft spürt.
Dann ist alles beim Alten?
Das würde ich nicht sagen. Denn wir sehen, dass Schuldner und auch zum Teil Kunden aggressiver in der Kommunikation geworden sind. Verallgemeinert ausgedrückt ist die Zündschnur kürzer geworden, weil der finanzielle Druck gestiegen ist. Diesen spüren wir auch bei der Zahl der Bestreitungen. Diese ist gestiegen. Entsprechend sind dann auch die Telefonate. Hier geht es viel darum, die Emotion erst einmal auf ein annehmbares Niveau herunterzuschrauben, um über Lösungen sprechen zu können. Ich habe größte Hochachtung für meine Teams, die tagtäglich im Einsatz sind. Es ist selten einfach.
Gibt es Inkassotrends, die die aktuelle Wirtschaftslage reflektieren?
Insbesondere bei Kunden, die wir schon länger betreuen, beobachten wir, dass die Einbringlichkeit von Forderungen geringer wird, wenn sich die Beträge aufgrund der Teuerung verdoppelt oder verdreifacht haben. Das sollten Unternehmen bedenken. Auch beobachten wir, dass unsere Kunden Forderungen zum Teil rascher ausbuchen als in der Vergangenheit, wenn sie etwa kaum Chancen auf Einbringlichkeit sehen. Diesem Trend können wir nichts abgewinnen. Denn aus Erfahrung wissen wir, dass Schuldner ihre Rechnungen sehr wohl auch zu einem späteren Zeitpunkt tilgen können, wenn sie etwa wieder liquider sind. Man muss als Unternehmen aber dranbleiben. Denn gerade jetzt ist Liquidität das A und O in den Betrieben. Schließlich ist die Zahl der insolventen Unternehmen heuer spürbar gestiegen.
Wenn wir über den raueren Umgangston sprechen. Verlieren die Menschen Ihren Anstand?
Es ist immer einfach zu moralisieren, wenn man selbst am Ende des Monats nicht im Minus ist. Unter jenen, die sich bei uns beschweren, gibt es stets viele, die unsere direkte Vorgangsweise stört. Dass eine Forderung zu Recht besteht und längst bezahlt oder zumindest geregelt hätte werden müssen, tritt dann in den Hintergrund. Auch, dass alle Bemühungen des Unternehmens vorher fruchtlos geblieben sind. Neu ist jetzt, dass eine Verdoppelung oder gar Verdreifachung des Rechnungsbetrags aufgrund der Teuerung viele als unfair und ungerechtfertigt empfinden. Diskutiert wird das dann mit uns. Wir können aber nur individuelle Zahlungsvereinbarungen als Lösung anbieten, da die Forderungen berechtigt sind. Darüber hinaus habe ich schon den Eindruck, dass der Ton in unserer Gesellschaft heute weniger wohlwollend und gelassen ist als früher.
In welcher Höhe bewegen sich Forderungen, wenn sie an Sie übergeben werden?
Die Hälfte der Forderungen hat eine Höhe von bis zu 200 Euro. 45 Prozent bewegen sich zwischen 201 und 3.000 Euro. Bei fünf Prozent stehen Rechnungsbeträge von 3.000 Euro oder mehr darauf. Bei höheren Beträgen würde ich vorab auf jeden Fall absichernde Maßnahmen einziehen, denn das finanzielle Loch bei Nicht-Bezahlung ist einfach zu groß. Bonitätsabfragen im Vorfeld sollten aus meiner Sicht aber ohnehin zum Standard gehören. Und wenn es hart auf hart kommt, die Forderung schnell inkassieren lassen, denn dann sind die Chancen auf Einbringlichkeit am größten. Das war allerdings immer schon so.