Zahlen lügen nicht, heißt es bekanntlich. Vielmehr bilden sie einen Status quo ab. Auf die aktuelle Lage der heimischen Wirtschaft umgemünzt, zeigt sich laut Austrian Business Check des KSV1870 demnach ein eher tristes Bild. Die große Ausnahme: Die Zahlungsmoral ist trotz aller Widrigkeiten gut.
Text: Markus Hinterberger
„Die Ausgabenbereitschaft der privaten Haushalte ist derzeit gering. Der private Konsum stützt daher nicht, wie sonst in Abschwüngen üblich, die Konjunktur“, sagt Stefan Ederer, Autor des WIFO-Konjunkturberichtes im November 2024. „Die Ergebnisse zeichnen ein düsteres Bild mit trüben Aussichten“, sagt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG, anlässlich der Ergebnispräsentation der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage des KSV1870 im Oktober 2024. Und die österreichische Wirtschaftsleistung ist laut dem Institut für Höhere Studien (IHS) in der ersten Jahreshälfte 2024 weiter zurückgegangen. Zudem haben sich die Erwartungen in Richtung einer belebenden Konsumnachfrage nicht realisiert. Allesamt keine allzu positiven Einschätzungen zur aktuellen Situation innerhalb der heimischen Wirtschaft. Doch es gibt auch Ausnahmen, die Grund zur Freude geben. Aber der Reihe nach.
Geschäftslage stagniert auf niedrigem Niveau.
Laut aktueller KSV1870 Umfrage bewerten nur 48 % der in Österreich tätigen Unternehmen ihre eigene Geschäftslage mit „sehr gut“ oder „gut“. Das ist der niedrigste Wert seit März 2021. Gleichzeitig sprechen 27 % (2023: 31 %) im Vergleich zum Vorjahr von rückläufigen Umsätzen und weitere 41 % (2023: 34 %) von einer maximal gleichbleibenden Entwicklung. Immerhin 32 % (2023: 35 %) erkannten in den vergangenen Monaten steigende Umsätze. Es ist somit nicht überraschend, dass laut eigener Einschätzung lediglich 54 % (2023: 56 %) der Betriebe das laufende Jahr mit Gewinn abschließen werden. Zwei Jahre zuvor waren es noch 63 %. Zusammengefasst bedeutet das: Die wirtschaftliche Situation ist weiterhin angespannt und eine finanzielle Erholung bei Unternehmen wie auch Privathaushalten trotz rückläufiger Inflationsrate nicht unmittelbar in Sicht. „Daher schon jetzt mein Appell an die zukünftige Bundesregierung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es sowohl Unternehmen wie auch Privaten ermöglichen, mehr Geld in die Wirtschaft zu investieren“, erklärt Ricardo-José Vybiral.
Privathaushalte geben weniger Geld aus.
Im Zuge des Austrian Business Check wurde auch der Ist-Zustand der Privathaushalte beleuchtet. Dabei zeigte sich deutlich, dass der finanzielle Spielraum für viele immer kleiner wird. Gegenüber dem Vorjahr sagen 51 % der Unternehmen, dass Private immer weniger Geld ausgeben bzw. weniger kaufen. Und schon damals war eine deutliche Tendenz in Richtung eines eingeschränkten Konsumverhaltens vorhanden. Im Gegensatz dazu bestätigen lediglich 8 %, dass der Privatkonsum in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist. 41 % sprechen von einem ähnlichen Konsumverhalten. Von dem Negativtrend besonders betroffen sind die Bauwirtschaft und der Handel. „Der private Konsum ist essenziell, um wieder eine florierende Wirtschaft zu erleben. Dazu müssen die Privaten aber wirtschaftlich entlastet werden. Der Sparkurs schützt vor Verschuldung, aber eine Konjunktur ist damit nicht zu machen“, so Vybiral.
Trotzdem: Zahlungsmoral top.
In Zeiten einer Flut an Negativmeldungen sind positive Nachrichten Balsam auf die Seele aller. Und eine davon ist zweifelsohne die, dass sich das Zahlungsverhalten in Österreich trotz multipler Krisen zuletzt nicht verschlechtert hat. In Zahlen gegossen, bedeutet das, dass laut Umfrage 83 % aller Rechnungen fristgerecht bezahlt werden. Dieser auch international gute Wert entspricht de facto dem Vorjahresergebnis. Dabei zeichnen sich einmal mehr die Privatkunden aus: 87 % der Privathaushalte bezahlen innerhalb des vertraglich vereinbarten Zahlungsziels – das ist der Top-Wert.
Das frühzeitige Ausbuchen offener Forderungen geht auf lange Sicht zulasten der eigenen Liquidität.
Trotzdem müssen die Unternehmen immer mehr Aufwand betreiben, um zu ihrem Geld zu kommen. Denn 46 % geben an, dass es zunehmend schwieriger geworden ist, Private zum Zahlen zu bewegen. Dabei geht es vor allem darum, dass vereinbarte Zahlungsziele ausgereizt werden und mit der Bezahlung bis auf „den letzten Drücker“ zugewartet wird. Von jenen Unternehmen, die einen verlängerten Zahlungsprozess festgestellt haben, buchen 38 % Forderungen mittlerweile rascher aus als früher, weil ihrer Meinung nach die Chancen auf Einbringlichkeit geringer geworden sind. „Das ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Aufgrund unserer Erfahrung wissen wir, dass viele Betroffene ihren Forderungen sehr wohl nachkommen, häufig zu einem späteren Zeitpunkt, sobald sie wieder liquide sind. Das frühzeitige Ausbuchen offener Forderungen geht auf lange Sicht zulasten der eigenen Liquidität, die angesichts steigender Insolvenzzahlen wichtiger denn je ist“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH.
Zahlungsdauer: Bund leicht verschlechtert
In puncto fristgerechter Bezahlung lässt sich insgesamt eine positive Tendenz festhalten: Während Privat- und Firmenkunden de facto auf Vorjahresniveau agieren, hat die öffentliche Hand einen Schritt vorwärts gemacht. Diese Entwicklung ist mit einer Ausnahme auch im Bereich der tatsächlichen Zahlungsdauer erkennbar. Konkret: Die Privaten konnten ihr ohnehin sehr gutes Ergebnis von 13 Tagen halten, die Firmenkunden verzeichnen eine leichte Verbesserung auf 25 Tage (–1 Tag). Die Länder (31 Tage) verbessern sich um 2 und die Gemeinden (24 Tage) um 1 Tag. Einzige Ausnahme: Der Bund benötigt im Schnitt 35 Tage und damit um 1 Tag länger als im Vorjahr. Ob das insgesamt gute Niveau gehalten werden kann, bleibt abzuwarten, denn laut Umfrage befürchtet ein Drittel der Befragten im nächsten Jahr eine Verschlechterung der Zahlungsmoral, die in weiterer Folge auch auf die Geschäftslage durchschlagen könnte. Als Gründe für verspätete Zahlungen wird sowohl bei Firmenkunden als auch der öffentlichen Hand die „Ineffizienz in der Verwaltung“ am häufigsten genannt. Bei den Privaten ist es in erster Linie die Vergesslichkeit.
Der Süden legt vor.
Auf Bundesländerebene agiert Kärnten bei den Privatkunden (9 Tage) ebenso wie bei den Firmenkunden (22 Tage) am schnellsten. Dahinter folgt jeweils die Steiermark mit 12 Tagen bei den Privaten und 24 Tagen bei den Firmen. Im Vergleich dazu benötigen die Privatkunden in Tirol (17 Tage) am längsten, bei den Firmenkunden sind es jene im Burgenland (30 Tage). Mit Blick auf die öffentliche Hand liegt auf Länderebene Tirol (24 Tage) in Führung, das Schlusslicht bildet das Burgenland mit 52 Tagen. Dieser schlechte Wert dürfte auch dem deutlich längsten Zahlungsziel (40 Tage) geschuldet sein. „Je kürzer das Zahlungsziel, desto rascher erhält man sein Geld. Das wäre auch für die burgenländischen Betriebe ein Ansatz“, so Koch.
Typologien der Inkassoschuldner.
Parallel zur Umfrage hat der KSV1870 auch einzelne Typologien im Inkasso näher beleuchtet. Dabei zeigt sich, dass 51 % Männer, 33 % Frauen und in 16 % der Fälle eine juristische Person betroffen sind. Nach Altersgruppen geclustert, betreffen 24 % der Inkassofälle die 21- bis 30-Jährigen, 26 % die 31- bis 40-Jährigen, 20 % die 41- bis 50-Jährigen und 15 % die 51- bis 60-Jährigen. Weiters entfallen 12 % auf die Gruppe der über 60-Jährigen. Wenn auch auf niedrigem Niveau, ist es alarmierend, dass Inkassoschuldner bis 20 Jahre bereits 3 % aller Fälle ausmachen und immer häufiger auftreten – obwohl sie erst ab 18 Jahren vollumfänglich geschäftsfähig sind.
Darüber hinaus liegen 49 % der Fälle im Bereich „bis 200 Euro“, was die Forderungshöhe betrifft. Weitere 45 % befinden sich zwischen 201 Euro und 3.000 Euro. Fälle mit einer Forderungshöhe von über 3.000 Euro machen 6 % aus und sind eher selten. „Auffallend ist, dass die Einbringlichkeit in jenen Segmenten hinterherhinkt, in denen sich die Preise zuletzt verdoppelt oder verdreifacht haben. Zudem nimmt die Quote mit zunehmender Forderungshöhe ab, hier sind absichernde Maßnahmen ein absolutes Muss“, erklärt Koch.
Aus dem Magazin forum.ksv 4/2024.