Die türkis-grüne Bundesregierung hat noch vor Weihnachten im Ministerrat die „ökosoziale Steuerreform“ beschlossen. Diese bringt nicht nur große Entlastungen, sondern soll auch die Weichen für eine Ökologisierung der heimischen Wirtschaft stellen.
Text: Stephan Scoppetta
Nachdem bereits im Oktober 2021 die Eckpfeiler für die ökosoziale Steuerreform eingeschlagen wurden, brauchte es schlussendlich doch noch bis Dezember, bis der Endentwurf für eines der größten Steuerpakete der Zweiten Republik feststand. Doch nun ist es so weit: Die Gesamtentlastung durch diese Reform soll bis zum Jahr 2025 rund 18 Milliarden Euro betragen. 3,8 Millionen Lohnsteuerzahler, aber auch die Unternehmen sollen von dieser Reform profitieren. Die heimische Wirtschaft steht den Reformen grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Wolfgang Hesoun, Generaldirektor der Siemens AG Österreich, hat dazu folgende Einschätzung parat:
„Grundsätzlich ist jede Maßnahme, die dazu führt, dass der Faktor Arbeit entlastet und Unternehmertum in Österreich gefördert wird, um Arbeitsplätze zu schaffen, und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit abgesichert wird, eine richtige Maßnahme."
"Es ist hoffentlich mittlerweile unbestritten, dass jeder von uns einen Beitrag leisten muss, um Emissionen in Form von CO2 oder anderen schädlichen Dingen zu reduzieren.
Hier gilt es jedoch, breit zu denken und nicht einseitig zu fokussieren. Weder darf die energieintensive Industrie zum Abwandern gezwungen werden, noch scheint es mir zielführend, im Individualverkehr Technologien auszuschließen und nur mehr auf Elektromobilität zu setzen.“
Erstmals: CO2-Steuer für Österreich.
Zentraler Punkt der Steuerreform, der auch für die meisten Unternehmen relevant werden wird, ist die Einführung einer sogenannten CO2-Steuer. Die CO2-Bepreisung erfolgt in mehreren Phasen: Die Einführungsphase startet im Juli 2022 bis Dezember 2023. Als Ausgleichsmaßnahme ist ein regionaler Klimabonus vorgesehen. Die durch die CO2-Bepreisung entstehenden Mehrkosten sollen damit pauschal ausgeglichen werden. Der Bonus hierfür beträgt je nach Region zwischen 100 und 200 Euro pro Kopf. Für familienbeihilfenberechtigte Kinder ist ein Zuschlag in Höhe von 50 % vorgesehen. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die CO2-Bepreisung einen vernünftigen Lenkungseffekt haben kann, wenn sie unter vernünftigen Rahmenbedingungen stattfindet. Wenn die Bepreisung von CO2 schlussendlich dazu führt, dass die Kosten für den Standort steigen, dann wäre das schlecht, sowohl für die Wirtschaft als auch für die Menschen, die in dieser Wirtschaft arbeiten“, erklärt Hesoun dazu.
Selbst die Vertreter der sehr energieintensiven Branchen wie etwa des Bereichs Baustoffe und Feuerfestmaterialien sehen die Maßnahmen positiv. Erich Frommwald, Geschäftsführer des Baustoffriesen Kirchdorfer Gruppe: „Insgesamt haben die betroffenen Unternehmen bei der CO2-Bepreisung mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand zu rechnen. Der Carbon-Leakage-Ausgleich und die Härtefallregelung sind hier wichtige Instrumente. Damit es aber zu keinen Wettbewerbsnachteilen für heimische Produkte kommt, müssen diese praxisgerechter ausgestaltet sein. So sollte etwa die Härtefallregelung bereits ab zusätzlichen Energiekosten von über 10 % greifen, nicht erst ab 15 %. Wichtig ist auch, dass bis zum Inkrafttreten eines europaweiten CO2-Preises für Verkehr und Gebäude keine weiteren nationalen Erhöhungen eintreten.“ Auch Stefan Borgas, CEO von RHI Magnesita, sieht in der Ökologisierung einen richtigen Schritt mit weitreichenden Faktoren: „Positiv hervorzuheben ist, dass Anlagen, die dem EU-Emissionshandelssystem unterliegen, von der nationalen CO2-Bepreisung ausgenommen sind. Damit werden Doppelbelastungen vermieden.“
Senkung der Körperschaftsteuer wichtiges Signal.
Sehr positiv wird von allen Unternehmen die stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 24 % im Jahr 2023 beziehungsweise auf 23 % ab dem Jahr 2024 gesehen: „Die Senkung der Körperschaftsteuer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und ein wichtiges Standortsignal. Um das Wachstum entscheidend anzukurbeln, sollte die Steuer allerdings auf 21 % und nicht nur auf 23 % gesenkt werden“, erklärt Frommwald, dem hier eine deutlichere Senkung vorschwebt. Ähnlich sieht es auch Siemens-Österreich-CEO Hesoun, der diese Maßnahme positiv bewertet: „Gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt macht es Sinn, Unternehmen zu entlasten, um Arbeitsplätze zu erhalten und im besten Fall zu schaffen. Im nächsten Schritt wäre eine Reduktion des Faktors Arbeit wünschenswert.“
Investitionsfreibetrag wird angehoben.
Als weitere Entlastungsmaßnahme für Unternehmer soll ab diesem Jahr der investitionsunabhängige Grundfreibetrag beim Gewinnfreibetrag von derzeit 13 auf 15 % angehoben werden. Mit dem neuen Investitionsfreibetrag sollen ab dem Jahr 2023 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können. Für Investitionen im Bereich Ökologisierung erhöht sich der Freibetrag sogar auf 15 %. Frommwald: „Der Investitionsfreibetrag ist eine sehr wichtige Maßnahme im Steuerreformpaket. Allerdings ergibt sich durch den geplanten Deckel von einer Million Euro – bei einem Körperschaftsteuersatz von zukünftig 23 % und einem Investitionsfreibetrag von 10 % – lediglich eine Steuerersparnis von 23.000 Euro pro Unternehmen. Um die wichtigen Investitionsanreize auszulösen, hätte neben einer deutlichen Erhöhung des Deckels auch der Investitionsfreibetrag selbst auf zumindest 20 % erhöht werden sollen. Nur dann könnte der Investitionsfreibetrag auch in der Industrie zu einem wichtigen Standortfaktor werden.“ Welche Auswirkungen das Paket schlussendlich auf die heimische Wirtschaft insgesamt haben wird, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Ein Schritt in die richtige Richtung scheint jedenfalls getan.
Maßnahmen im Überblick
- Sozialversicherungsbeiträge. Der Sozialversicherungsbonus wird von bisher 400 auf maximal 650 Euro pro Jahr erhöht. Die Entlastung gilt für das ganze Jahr 2021.
- Lohn- und Einkommensteuer. Mit 1. Juli 2022 soll die zweite Tarifstufe von 35 % auf 30 % gesenkt werden. Umgesetzt wird dies mit einem Mischsteuersatz von 32,5 % ab Jahresbeginn 2022.
- Familien. Der „Familienbonus Plus“ wird ab 1. Juli 2022 von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind erhöht. Für Kinder ab dem 18. Geburtstag soll er von derzeit 500 auf 650 Euro pro Jahr erhöht werden. Der Kindermehrbetrag wird von 250 auf 450 Euro pro Kind und Jahr erhöht.
- CO2-Bepreisung. Die Einführung der CO2-Bepreisung erfolgt in mehreren Phasen – gestartet wird im Juli 2022.
- Körperschaftsteuer. Der Körperschaftsteuersatz wird stufenweise von 25 auf 24 % im Jahr 2023 bzw. auf 23 % ab dem Jahr 2024 gesenkt.
- Sofortabschreibung. Die Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird ab dem Jahr 2023 von derzeit 800 Euro auf 1.000 Euro erhöht.
- Investitionsunabhängiger Grundfreibetrag. Für Unternehmer wird ab 2022 der investitionsunabhängige Grundfreibetrag beim Gewinnfreibetrag von derzeit 13 auf 15 % angehoben.
- Investitionsfreibetrag. Mit dem neuen Investitionsfreibetrag sollen ab dem Jahr 2023 10 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Betriebsausgabe geltend gemacht werden können. Für Investitionen in dem Bereich Ökologisierung erhöht sich der Freibetrag auf 15 %.
- Mitarbeiterbeteiligung. Gewinnbeteiligungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zu 3.000 Euro werden im Kalenderjahr von der Einkommensteuer befreit.
- Thermische Sanierung. Private Kosten für die „energetische Sanierung“ von Gebäuden und ein Heizkesseltausch werden im Wege eines Sonderausgaben-Pauschalbetrages steuerlich berücksichtigt. Die Eigenstromsteuerbefreiung wird für aus erneuerbaren Energieträgern selbst hergestellte und genutzte elektrische Energie ausgeweitet.