Unternehmensinsolvenzen um 13 Prozent gestiegen
Neben der Zahl der Firmenpleiten sind auch die vorläufigen Passiva* massiv in die Höhe geschnellt – nicht nur, aber vor allem wegen dem Insolvenzfall der SIGNA Holding GmbH.
12.01.2024 – Laut aktueller KSV1870 Analyse sind im Jahr 2023 in Österreich 5.380 Unternehmen (+ 13 % gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht 15 Firmenpleiten pro Tag und so vielen Fällen wie zuletzt vor zehn Jahren. Besonders hart trifft es den Handel, die Bauwirtschaft und den Bereich Beherbergung/Gastronomie. Darüber hinaus haben sich die vorläufigen Passiva* um 534 Prozent auf rund 13,999 Mrd. Euro erhöht – hauptverantwortlich dafür sind die SIGNA-Insolvenzen. Aber auch ohne die drei größten Pleiten der österreichischen Wirtschaftsgeschichte liegen die Passiva* um rund die Hälfte über dem Vorjahresergebnis. Weiters hat sich die Zahl der betroffenen Mitarbeiter um 53 Prozent auf 23.700 Personen erhöht, jene der Gläubiger um 46 Prozent auf 45.700 Betroffene. Für das Jahr 2024 erwartet der KSV1870 zwischen 5.800 und 6.000 Firmenpleiten.
Eine sinkende Geschäftslage, eine Umsatzentwicklung, die tendenziell nach unten zeigt und eine schrumpfende Auftragslage bei rund jedem zweiten Betrieb sprechen eine eindeutige Sprache. „Das Thema Kosten ist nach wie vor der ‚Key-Faktor‘, was innerbetriebliche Entwicklungen betrifft. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass sich Österreichs Wirtschaftsentwicklung in vielen Bereichen am Scheideweg befindet“, fasst Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA, CEO der KSV1870 Holding AG, die aktuelle Situation zusammen. „Was es jetzt braucht, ist ein frischer ‚Drive‘, um die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft anzukurbeln. So braucht es etwa neue Impulse für den Export und Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und des Handels. Nur so wird es möglich sein, dass Österreich vom Stottermodus in den Überholmodus schaltet“, bringt es Vybiral auf den Punkt. Infolge der wirtschaftlichen Herausforderungen hat sich auch die Insolvenzentwicklung in diesem Jahr wie erwartet entwickelt: „In Zeiten einer hohen Volatilität gepaart mit einem Mix an schwierigen Rahmenbedingungen sind wir seitens des KSV1870 zu Jahresbeginn von einem Anstieg der Firmenpleiten im niedrigen zweistelligen Prozentbereich ausgegangen. Und dieser ist wie erwartet eingetreten“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Im Jahr 2023 wurden hierzulande 5.380 Firmenpleiten (15 Fälle pro Tag) gezählt, was einen Anstieg von 13 Prozent bedeutet. Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 wurden heuer um sieben Prozent mehr Pleiten gezählt.
Insolvenztreiber: Handel mit knapp 1.000 Insolvenzen
Wie die aktuelle KSV1870 Analyse belegt, verzeichnet der Handel mit 988 insolventen Unternehmen (+ 15 %) so viele Firmenpleiten wie seit Jahren nicht mehr – zum überwiegenden Teil ist hier insbesondere der Einzelhandel betroffen. Die Hauptgründe dafür liegen, neben dem hohen Energiebedarf und damit verbunden hohen Energiekosten, häufig in nicht eingetretenen Nachholeffekten aus Pandemiezeiten, einem zuletzt erfolgten Strukturwandel und der aktuell sinkenden Kaufkraft von Privatpersonen.
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Privatkonkurse steigen, bleiben aber unter Vorkrisenniveau
Während die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, bleibt das vorläufige Schuldenausmaß fast gleich.
Laut aktueller KSV1870 Analyse wurden im Jahr 2023 in Österreich 8.845 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren (24 Fälle pro Tag) gezählt. Das entspricht einem Zuwachs von 8,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den größten Anstieg verzeichnet Vorarlberg (+ 33 %), während die Steiermark als einziges Bundesland sogar einen leichten Rückgang von 1,4 Prozent zu Buche stehen hat. Was auffällt: Obwohl die Zahl der Privatkonkurse gestiegen sind, bleiben die vorläufigen Passiva* mit 918 Mio. Euro fast gleich wie im vergangenen Jahr (+ 1,5 %). Das hat zur Folge, dass die durchschnittliche Schuldenhöhe um 7.000 Euro auf rund 104.000 Euro gesunken ist.
Die kontinuierlichen Kostensteigerungen sind nicht nur in den Unternehmen ein brandheißes Thema, sondern auch in den österreichischen Privathaushalten. Haben sich die Preise unter anderem bei Lebensmitteln und Wohnungsmieten bereits in den Vorjahren stetig erhöht, kann auch im Jahr 2023 von keiner Entspannung berichtet werden – ganz im Gegenteil. Denn wie eine KSV1870 Umfrage im Herbst gezeigt hat, bemerken 54 Prozent der heimischen Betriebe einen deutlichen Kaufkraftverlust bei den Konsumenten. „Die finanzielle Situation hat sich in diesem Jahr für viele Menschen in Österreich weiter verschärft und mit einer entscheidenden Erleichterung ist unmittelbar leider nicht zu rechnen“, so MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Trotz dieser allgemein prekären Lage befinden sich die eröffneten Schuldenregulierungsverfahren weiterhin nicht auf Vorkrisenniveau: Zwar wurden in diesem Jahr mit 8.845 Eröffnungen um 8,2 Prozent mehr private Pleiten gezählt als im vergangenen Jahr, doch auf das Ergebnis des Vorkrisenjahres 2019 (9.456 Privatkonkurse) fehlen nach wie vor über sechs Prozent.
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