Privatinsolvenz: Das IRÄG2017 und seine Folgen

David Schlepnik

Die Novelle hat zu einem explosionsartigen Anstieg der Pleiten von Privatpersonen im ersten Halbjahr 2018 geführt – und das ist längst nicht alles.

Weißes Sparschwein mit Taschenrechner und Kleingeld


Durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 (IRÄG 2017) ist es zu einer maßgeblichen Novellierung des Schuldenregulierungsverfahrens gekommen. Als erstes Instrument der Entschuldung sieht der Gesetzgeber den Zahlungsplan (Verhandlung einer Quote) vor. Wird keine Einigung erzielt, so kommt es zur Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens, das jedoch keine Mindestquote mehr vorsieht und nun auf eine Dauer von fünf Jahren begrenzt wurde. In der Praxis hat sich für alle an den Verfahren Beteiligten einiges geändert.

Eine Kurzanalyse aus dem Alltag der KSV1870 Insolvenzreferenten:

  • Seit Inkrafttreten des IRÄG 2017 sind die eröffneten Schuldenregulierungsverfahren massiv gestiegen. Damit verbunden ist ein deutlicher Mehraufwand im Tagesgeschäft aller Beteiligten – für die Richter, die Rechtspfleger und die Insolvenzreferenten der Gläubigerschutzverbände.
     
  • Die Schuldner bieten im Zahlungsplan heute in der Regel nur mehr sehr geringe Quoten an, häufig auch unter fünf Prozent und somit deutlich weniger als noch vor der Novelle. Der KSV1870 verhandelt im Interesse der Gläubiger selbstverständlich nach, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Auffällig ist, dass viele Schuldner erwarten, dass sie das Verfahren mit sehr geringen oder sogar ohne jegliche Zahlung mit restschuldbefreiender Wirkung beenden können.
     
  • Der Prüfung von Einleitungshindernissen kommt nun große Bedeutung zu, denn diese können den Weg in das Abschöpfungsverfahren „versperren“. Hierbei wird die „Redlichkeit“ des Schuldners bzw. das Zustandekommen der Schulden hinterfragt. Es wird zum Beispiel geprüft, ob die Angaben des Schuldners im Vermögensverzeichnis korrekt sind oder ob sich der Betroffene um eine angemessene Beschäftigung bemüht.
     
  • Um potenziell bestehende Einleitungshindernisse im Vorfeld zu besprechen und um eine drohende Entschuldung mit einer Nullquote im Abschöpfungsverfahren zu verhindern, ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen dem KSV1870 und seinen Auftraggebern notwendig.
     
  • Seit Inkrafttreten der Novelle werden Zahlungsplanvorschläge im Regelfall auf eine Dauer von fünf Jahren angeboten. In den Tagsatzungen werden durch das Engagement des KSV1870 durchaus noch Zahlungspläne über eine Dauer von sieben Jahren abgeschlossen.
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Längere Verfahren und mehr Administration
In den ersten Monaten seit Inkrafttreten der Novelle wurden Tagsatzungen aufgrund verstärkter Prüfungen häufiger vertagt. Dies lag vor allem an zwei Faktoren: Zum einen soll arbeitslosen Schuldnern die Möglichkeit gegeben werden, einen Nachweis über eine angemessene Beschäftigung zu erbringen, um ein drohendes Einleitungshindernis abzuwenden. Zum anderen muss unter Umständen mit den Gläubigern Rücksprache gehalten werden, ob einem in der Tagsatzung verbesserten Zahlungsplan mit einer relativ geringen Quote zugestimmt werden kann. Bislang lässt sich nicht beurteilen, ob seit der Novelle die Anzahl an eingeleiteten Abschöpfungsverfahren gestiegen ist. Denn die Entwicklung an den einzelnen Gerichten ist unterschiedlich.
 
Übergangsbestimmung führt zu Rechtsunsicherheit
Mit der Novelle wurde eine Übergangsbestimmung für anhängige Abschöpfungsverfahren geschaffen. Die unklare Formulierung dieser Übergangsbestimmung führte zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, da diese Bestimmung von Gerichten in ganz Österreich unterschiedlich interpretiert wurde. Divergierende Entscheidungen und ein enormer Mehraufwand für den KSV1870 waren die Folge. Zu früh beendete Abschöpfungsverfahren mussten selektiert werden, um in einem weiteren Schritt Rechtsmittel gegen diese „unrichtigen“ Entscheidungen erheben zu können. Diese Arbeit hat sich jedoch gelohnt: Der OGH hat dem KSV1870 recht gegeben und eine Reihe von Konstellationen im Sinne der Gläubiger entschieden. Einmal mehr hat der KSV1870 erfolgreich unter Beweis gestellt, Gläubigerinteressen wirksam vertreten zu können und die Gerichte dahingehend zu unterstützen, das Gesetz gerecht und gleichmäßig anzuwenden.

 

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