Betriebsnachfolge: Die 3 größten Stolpersteine

Eine gute und reibungslose Übergabe eines Betriebes braucht vor allem eine intensive Vorbereitung – und nicht zuletzt auch das Wissen um typische Stolpersteine, die es tunlichst zu vermeiden gilt. 

Text: Gerlinde Theuer-Maschler

„Die Unternehmensnachfolge ist eines der größten Themen für die Wirtschaft“, sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich (Ernst & Young), womit sich der erfahrene Consulter in guter Gesellschaft befindet. Nicht umsonst hat die Wirtschaftskammer Österreich dem Thema eine eigene Broschüre namens „Nachfolge braucht Strategie“ gewidmet. Darin bricht die WKO eine Lanze für die Bedeutung von Betriebsübergaben, die für die Dynamik der österreichischen Wirtschaft ebenso wichtig seien wie Unternehmensgründungen.   

Damoklesschwert Demografie

Noch stehen derzeit – zumindest laut Statistik – genügend Interessenten bereit, die in die Fußstapfen eines Unternehmers oder einer Unternehmerin treten möchten. Im Jahr 2022 wurde mit mehr als 7.000 Übernahmen sogar ein 10-Jahres-Rekord erreicht. Eine aktuelle Studie der KMU Forschung weist allerdings für die nächsten Jahre in eine andere Richtung: Altersbedingter Ruhestand ist die wichtigste Motivation für Unternehmensübergaben. Mit dem demografischen Wandel schwebt daher ein Damoklesschwert über all dem. Die Anzahl der potenziell zu übergebenden Unternehmen wird weiter ansteigen, gleichzeitig wird die Anzahl der potenziellen Übernehmer nicht im gleichen Tempo anwachsen, so die WKO. Länder wie Finnland, Belgien oder Deutschland haben die Betriebsübergabe und -nachfolge schon verstärkt auf der Agenda, fördern etwa digitale Kompetenzen der potenziellen Nachfolger, haben eigene „Sucessors Schools“ gegründet oder vernetzen Übernehmer und Übergeber bei „Nachfolgewochen“. 

Das Image des Berufsstandes

Weil das Leben eines Unternehmers […] auch spannend und selbstbestimmt ist, wollen immer noch viele junge Menschen diesen Weg einschlagen.

Doch nicht alleine die Demografie macht Unternehmern, die motivierte Nachfolger suchen, zu schaffen. Auch um den allgemeinen Ruf dieses Berufsstandes steht es nicht zum Besten. „Der Begriff des Unternehmertums wird heute oft sehr strapaziert“, sagt Erich Lehner, der mit dem Award „Entrepreneur of the Year“, den EY in Österreich seit 16 Jahren auslobt, genau dieses Image verbessern möchte. Zudem, so Albrecht Rauchensteiner, Director bei Deloitte in Wien und für die Durchführung des Programms „Austria’s Best Managed Companies“ verantwortlich, habe Österreich als Wirtschaftsstandort einiges an Attraktivität eingebüßt. „Die Stimmung hat in den letzten fünf Jahren – verursacht durch hohe Lohnabschlüsse, überbordende Bürokratie und die anhaltende Inflation – gedreht.“ 

Bei der jüngeren Generation, die vor der Übernahme eines Familienunternehmens steht, ortet Norbert Prenner, Wealth Planner bei der UniCredit Bank Austria, noch eine weitere Hürde: „Es gibt Situationen, bei denen die nächste Generation von einer Unternehmensweiterführung absieht, da die eigene Freiheit für Entscheidungen durch die aktuelle Unternehmensführung eingeschränkt ist oder die junge Generation feststellen musste, dass das Leiten eines Unternehmens auch mit vielen Entbehrungen und Risiken verbunden ist.“ Weil aber das Leben eines Unternehmers in der Regel auch spannend und selbstbestimmt ist, wollen immer noch viele junge Menschen diesen Weg einschlagen und scheuen sich nicht, die Verantwortung für eine Firma und deren Beschäftigte zu schultern. 
  

Die Stolpersteine 

  1. Ein „altes“ Geschäftsmodell

An oberster Stelle einer solchen Erfolgsgeschichte, so Erich Lehner und Albrecht Rauchensteiner unisono, stehe ein zeitgemäßes Geschäftsmodell in einer zukunftsorientierten Branche. Fehlende Innovationen oder ein Investitionsrückstau können den Übernehmer teuer kommen. „Gute Unternehmen werden nicht zugesperrt. Wenn allerdings das Geschäftsmodell veraltet ist, wird es problematisch“, sagt Rauchensteiner. Ein solider IT-Betrieb hat heute in der Regel mehr Chancen auf Fortbestand als das in die Jahre gekommene Gasthaus ums Eck. In Betracht ziehen sollte man auch, dass bisweilen ein Unternehmen zwar im Kern gesund, doch die Marke oder der Name der Firma negativ behaftet ist, was wiederum einen kostenintensiven Imagewechsel nach sich ziehen kann. 

  1. Fehlende Strategie und Vorbereitung

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete einer gelungenen Übergabe. „Man sollte alles ordentlich aufbereiten, damit die nächste Generation oder der Käufer nicht einen Brocken bekommt, an dem er sich verschluckt“, so Lehner. Es darf durchaus ein paar Jahre dauern, um sämtliche Stakeholder wie Mitarbeiter, Lieferanten und Finanzpartner auf die Veränderung vorzubereiten, bestätigt auch Hans Unterdorfer, Firmenkundenvorstand bei der Erste Bank: „Das Wichtigste ist, damit rechtzeitig zu beginnen. Unserer Erfahrung nach sollte jedenfalls ein Zeitraum von 1,5 Jahren – von den ersten Überlegungen bis hin zur konkreten Umsetzung – eingeplant werden. Jede Übernahme ist ein wenig anders, und es ist sehr empfehlenswert, frühzeitig Unterstützung in Anspruch zu nehmen.“ 

  1. Steuern und Haftungen

Um vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein, „sollte jede Übergabe durch einen Steuerberater begleitet werden“, empfiehlt Norbert Prenner. Generell werden Kapitalgesellschaften, also eine GmbH oder AG, als eigenes Steuersubjekt gesehen. Bei Personengesellschaften wie z. B. einer OEG oder KG bilden die handelnden Personen das Steuersubjekt. Betriebsbezogene Schulden gegenüber dem Finanzamt und auch anderen Gläubigern gehen in der Regel auf den Erwerber über, außer dies wird per Klausel im Übergabevertrag ausgeschlossen. Dasselbe gilt für Haftungen aus Produkten und Dienstleistungen sowie Gewährleistungen. Gehören z. B. Patente, Lizenzen oder Immobilien zum Unternehmen, die einer Bewertung unterzogen werden müssen, wird es komplex, sagt Unterdorfer. Zudem sollte geprüft werden, welche Förderungen in Anspruch genommen werden können. Die für die Finanzierung des Kaufpreises anfallenden Zinsen sind in der Regel voll abzugsfähig. Für den Verkäufer ist zu beachten, dass Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Betrieben je nach Rechtsform steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Daher sollte abgeklärt werden, ob etwa eine Rechtsformänderung sinnvoll ist.  

 

Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 03/2024.