Für viele Start-ups stellt sich am Anfang die Frage: Schaffe ich es mit eigenem Geld und Know-how, oder hole ich mir Verstärkung an Bord? Eine Entscheidung, die sehr gut überlegt sein will.
Text: Sebastian Wegener
Wer sich einen Partner oder Investor ins Unternehmen holen möchte, steht mit einem Schlag vor einer Unmenge an Fragen, die beantwortet werden wollen. Am besten ist es, solche Fragen bereits im Rahmen der Unternehmensgründung zu regeln, wie Bernhard Lehner, Gründer und Vorstand der Startup300 AG, die eines der erfolgreichsten Gründer-Netzwerk-Ökosysteme in Österreich betreibt, erklärt: „Wie so vieles im Leben ist es vor allem ‚people’s business‘. Ohne eine gute persönliche Beziehung zueinander geht es nicht. Ein Investor und ein Gründer arbeiten eng zusammen. Vieles lässt sich dabei nicht in Verträgen abbilden, sondern geht nur über gegenseitiges Vertrauen und Respekt.“
Partner oder Investor – das ist hier die Frage? Eine innovative Produktidee reicht meist nicht aus, um langfristig erfolgreich zu sein. Dafür braucht es mehr. Etwa einen sinnvollen Businessplan, in dem geklärt wird, ob ich als Gründer einen Investor benötige, um mit externem Kapital und Know-how schneller wachsen zu können oder weil organisches Wachstum aufgrund des gewählten Business Models gar nicht möglich ist? Oder mache ich mich lieber auf die Suche nach einem Co-Founder, der laut Lehner „so etwas wie ein Ehepartner ist“: „Manchmal lernt man ihn sogar besser kennen als den eigenen Partner und geht gemeinsam durch dick und dünn. Und sollten Co-Founder irgendwann eigene Wege gehen wollen, ist das meist ein schmerzhafter Prozess, der im gemeinsam aufgebauten Unternehmen Spuren hinterlässt. Mit einem Investor ist es nicht ganz so schlimm.“ Auch Marketing-Expertin Nina Woess vom Start-up-Finanzierer Speedinvest macht deutlich: „Wenn ich meine Unternehmensziele alleine nicht erreichen kann, weil mir etwa Personal, Ressourcen oder Know-how für den nächsten Schritt bzw. Markteintritt fehlen und ich sie mir auch nicht zukaufen kann, sollte ich mich auf die Suche nach Co-Foundern machen.“
„Ohne eine gute persönliche Beziehung zueinander geht es nicht. Ein Investor und ein Gründer arbeiten eng zusammen. Vieles lässt sich dabei nicht in Verträgen abbilden, sondern geht nur über gegenseitiges Vertrauen und Respekt.“
Definierte Unternehmensziele erleichtern einiges. Zu einer wohl überlegten Unternehmensgründung gehört aber auch, dass Gründer ganz genau wissen, wo sie mit ihrer Firma langfristig hinwollen. Geht es um eine eigenständige Perspektive, oder will ich mich rasch in ein größeres Ökosystem integrieren – inklusive aller Vor- und Nachteile? Dabei sollte allerdings eines nicht vergessen werden: „Wenn in der ‚early stage‘ bereits 50 bis 70 % der Unternehmensanteile bei nichtoperativen Gesellschaftern liegen, dann ist das eine ‚red flag‘ für alle professionellen Investoren“, erklärt Woess und fügt hinzu: „Wenn ich überzeugt bin, dass mein Unternehmen langfristig eine positive, starke Wachstumsperspektive hat, brauche ich keine Partner, sondern Wachstumsfinanzierung. Denn ein strategischer Partner kann unter Umständen auch den Markt einschränken, weil dann zum Beispiel Konkurrenten des Partners als Markt wegbrechen. Denn welcher Konzern will schon Produkte und Services von Start-ups nutzen, bei denen die Konkurrenz als Investor eingestiegen ist?“
Die Suche nach dem Richtigen. Für die Auswahl des potenziellen Investors hat Lehner zwei essenzielle Ratschläge parat: „Erstens ist es extrem wichtig, dass es sich beim Investment um ‚smart money‘ handelt. Ein Investor sollte nie ‚nur‘ Geld einbringen, sondern auch Know-how, Netzwerk und manchmal sogar eine ‚Hands on‘-Qualität. Und zweitens muss sich ein Start-up genau überlegen, wer zu ihm passt. Da kommt in der Regel nur eine Handvoll Investoren infrage. Und die sollten dann professionell und gezielt angesprochen werden. ‚Spread and pray‘ ist der falsche Ansatz.“ Wichtig ist, zu verstehen, wer der Investor ist. Dafür ist es sinnvoll, die Website, den Blog und andere Ressourcen zu checken, um mehr zu erfahren. Welche Werte sind dem potenziellen Investor wichtig? Wonach sucht er? Wenn bereits ein Treffen fixiert wurde, umso besser, dennoch gilt: Recherchieren, wen man trifft, mit welchen Start-ups diese Person arbeitet und wo der inhaltliche Fokus liegt. Denn auch Gründer sollten ihre Due Diligence gründlich erledigen.
Lösung oder Geld? Wo die Unterscheidung zwischen Partner bzw. Co-Founder und Investor verläuft, ist heutzutage bei den vielen, auch rechtlich unterschiedlichen Kooperationsmöglichkeiten nicht so exakt zu bestimmen. Und das ist auch gut so. Eine moderne Gründerszene braucht im Spannungsfeld Produkt, Unternehmen und Investor flexible Ausgestaltungsmöglichkeiten. Folgende Grundsätze gelten jedoch in jedem Fall: Gute Investoren wollen rasches und langfristiges Wachstum sowie eine Wertsteigerung bei einem Unternehmen erreichen. Strategische Partner haben meist konkrete Bedürfnisse und suchen nach einer unternehmerischen Lösung dafür.
Support durch starke Netzwerke. Wer als Gründer oder auch als bereits aktiver Unternehmer auf der Suche nach Partnern und Investoren ist, kann mittlerweile aus einer Vielzahl an Möglichkeiten auswählen. So hat etwa die Wirtschaftskammer Österreich gemeinsam mit zahlreichen Partnern das Enterprise Europe Network (www.een.at) initiiert. Ein Business-Support-Netzwerk, das Unternehmen mit 3.000 Experten aus 60 Ländern bei sämtlichen Fragen zum EU-Binnenmarkt und bei der Suche nach Kooperationspartnern zur Seite steht. Die WKÖ und etliche Landeskammern sind Teil des Netzwerkes mit elf regionalen Servicestellen in Österreich. Dort bieten Profis europäisches Know-how mit lokaler Expertise an und stehen gleichzeitig für Fragen zu den Themen Binnenmarkt, Innovationen, Forschung und Entwicklung sowie zur internationalen Partnersuche mit Rat und Tat zur Seite. Gute Adressen für Informationen und Partnersuche sind unter anderem die Stammtische der Austrian Startups, Startup300 oder der Start-up-Finanzierer Speedinvest.