Steigende Energiekosten, bedrohliche Klimaszenarien, mögliche Lieferengpässe bei Gas und Öl: Unternehmen sind gefordert, individuelle Konzepte zur Energiesicherung zu entwickeln. Aber wie kann der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gelingen? Und ist Verzicht dabei das Mittel der Wahl hin zum ökologisch nachhaltigen Unternehmenserfolg?
Christina Mothwurf
Laut Daten der Österreichischen Energieagentur stammen rund 80 % des nach Österreich importierten Gases aus Russland. Dabei wird rasch klar: Eine über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit kann weder unmittelbar noch kurzfristig geändert werden. „Bis 2027 ist es durch eine nationale und internationale Kraftanstrengung möglich, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu beenden“, betont Franz Angerer, Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. Aber wie genau soll das funktionieren? Aus Sicht von Angerer sind drei Punkte essenziell: „Erstens: Einsparen. Zweitens: Selbst produzieren, die heimische Erzeugung aufrechterhalten und vor allem grünes Gas im Inland produzieren. Drittens: Diversifizieren der Lieferländer, also die Ausweitung der Importe aus Norwegen beispielsweise sowie von verflüssigtem Erdgas.“ Dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen, ist mittlerweile wohl jedem bewusst. Prognosen rund um die Energieversorgung in den Herbst- und Wintermonaten bringen Unternehmen und Industrie allerdings in die Zwickmühle: Was, wenn Privathaushalte mit der Versorgung bevorzugt behandelt werden und Betrieben sprichwörtlich der Saft ausgeht? Derzeit scheint für viele die Flucht nach vorn die Ultima Ratio. Soll heißen: ein möglichst rascher Umstieg auf alternative Energien.
Fordern und fördern.
Der Ausstieg aus Öl und Gas und die damit zusammenhängende Dekarbonisierung ist schon länger ein Thema. Aber gerade jetzt sind alle weitaus mehr gefordert, rasch die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren ist Energieeffizienz der wesentliche Baustein in der Transformation des Energiesystems. Den besten Preis haben am Ende die Kilowattstunden, die gar nicht erst verbraucht werden. Wir sind wieder da angelangt, wo es uns gefühlt am meisten wehtut: beim Sparen. Aber ist es wirklich so tragisch, wenn wir uns einschränken müssen? Ganz egal, ob es sich ums „daily business“ in KMU handelt oder um international tätige Industriebetriebe: Oft bergen scheinbar kleine Dinge enormes Einsparpotenzial. Eine rasch umsetzbare Möglichkeit ist etwa, nach Betriebsschluss all jene Geräte vom Netz zu nehmen, die über Nacht nicht versorgt werden müssen. Ist nicht neu, hilft aber ungemein.
Zug statt Flug.
Spätestens seit der Pandemie wissen wir: Den 6:50-Uhr-Flieger nach Frankfurt fürs Quartalsmeeting kann man sich sparen. Zudem lassen sich auch wichtige strategische Unternehmensentscheidungen mittlerweile gut über digitale Kanäle festlegen. Und wenn es wirklich notwendig ist, ist der Umstieg auf Zugreisen durchaus zumutbar – in Zeiten von Personalstreiks, Flugstreichungen und Gepäck-Odysseen wahrscheinlich sogar die entspanntere Variante. Weiters lässt sich auch beim Fuhrpark an der Effizienzschraube drehen – gerade durch die ab Oktober geltende CO2-Ausgleichssteuer ein attraktives Denkmodell. Ab dann kostet eine Tonne emittiertes CO2 ganze 30 Euro. Klingt wenig? Spätestens wenn der Mitarbeiter an der Zapfsäule tankt, wird klar, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Die Zukunft in Sachen Fuhrpark? Umstieg auf Elektromobilität, betrieblich geförderte Fahrgemeinschaften und die Ausgabe von Klimatickets & Co machen den ökologischen Fußabdruck zumindest herzeigbarer.
Power von oben.
Besonderes Potenzial in Sachen Energieeffizienz liegt auch im Bereich der Wärme: Die effiziente Nutzung von Strom durch den Einsatz von Wärmepumpen kann einen wesentlichen Beitrag leisten – gerade in der Industrie lohnt sich der eingehende Check: Pumpen- und Druckluftsysteme, Ventilatoren und Lüftungssysteme, Dampfsysteme, Beleuchtung und Isolierung können deutlich optimiert werden. Durch die Integration von Photovoltaik und Windkraft in den Energiemix lässt sich grüner Strom beziehen – und damit die Abhängigkeit von Gas und Öl zumindest mindern. Und das umfassende Förderpaket zum Umstieg auf im Betrieb gewonnene Solarenergie kann je nach Unternehmensgröße sogar den Großteil des Verbrauchs abfedern. Apropos Unternehmensgröße: Viele Betriebe setzen schon jetzt auf ein individuelles Energiemanagementsystem, das langfristig zu mehr Effizienz führt. Fest steht: Klimaschutz geht uns nicht nur alle an, sondern wir sind gezwungen, uns einzuschränken. Bei allem wirtschaftlichen und politischen Druck kann genau das aber auch bedeuten, schneller den Weg in eine grüne Zukunft zu schaffen. Und wenn alle mitmachen, muss das nicht zwangsläufig eine Herkulesaufgabe werden.
Unabhängig und nachhaltig wirtschaften |
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