Trotz zahlreicher Krisen in den Vorjahren verfügen Österreichs Unternehmen über ausreichend Eigenkapital, um die Themen der Zukunft anzugehen. Das passiert jedoch zu selten.
Wien, 26.04.2023 – Das Jahr 2023 steht im Zeichen eines knallharten Finanzmanagements. Laut Austrian Business Check-Umfrage haben 68 Prozent der Unternehmen zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen installiert bzw. bestehende adaptiert, um die eigenen Finanzen besser zu kontrollieren. Weiters planen nur 12 Prozent der Firmen eine Kreditaufnahme, während im Vorjahr noch rund 26 Prozent der Betriebe einen Kredit aufgenommen haben. Die Unternehmen scheuen finanzielle Verbindlichkeiten aktuell wie selten zuvor. Zudem möchten 70 Prozent der Unternehmen im Jahr 2023 grundsätzlich Investments tätigen, viele machen sie aber von den wirtschaftlichen Entwicklungen in den kommenden Monaten abhängig. Überraschend: Jedes zweite Unternehmen ist mit der eigenen Eigenkapitalausstattung zufrieden. Die staatlichen Fördergelder dürften somit nicht nur zur wirtschaftlichen Bewältigung der Krisen genutzt worden sein, sondern auch ins Eigenkapital geflossen sein.
Die vergangenen Jahre standen im Zeichen multipler Krisen. Neben der Corona-Pandemie hat insbesondere der Krieg in der Ukraine zu teils dramatischen Folgen für Unternehmen weltweit geführt. Als Reaktion auf die globalen Brandherde haben rund zwei Drittel (68 %) der heimischen Betriebe ihre betrieblichen Sicherheitsmaßnahmen verstärkt, um die eigene Liquidität zu wahren. 27 Prozent sprechen von zusätzlichen Kontrollmaßnahmen, die integriert wurden. Weitere 41 Prozent haben bestehende an aktuelle Bedürfnisse angepasst. Für sechs Prozent wären mehr Kontrollen gut, hier ist es bis dato jedoch nicht gelungen, ebensolche zu implementieren. Für weitere 26 Prozent bedarf es keiner Adaptierungen. „Österreichs Unternehmen agieren heute vergleichsweise vorsichtiger und haben einen maximalen Kostenfokus“, erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH. Insbesondere eine engere Kosten- bzw. Budgetkontrolle, die Einführung von Energiesparmaßnahmen und ein vorsichtiger getakteter Investmentplan zählen ebenso zu den gängigsten Maßnahmen, wie vermehrte Bonitätsprüfungen oder der Ausbau des Mahnwesens.
70 Prozent der Unternehmen wollen investieren
Laut aktueller KSV1870 Umfrage haben im vergangenen Jahr drei von vier Unternehmen Investments getätigt. Während 42 Prozent sämtliche geplanten Investitionen umsetzen konnten, mussten 32 Prozent zumindest etwas reduzieren. Die meisten Investitionen konnten Unternehmen in der Industrie und dem Gewerbe bzw. in den Bereichen Land-/Forstwirtschaft, Gastronomie & Beherbergung und der Warenproduktion tätigen. Und wenn es nach den Vorstellungen der österreichischen Firmen geht, soll sich dieser Trend heuer fortsetzen. Trotz eher vorsichtiger Prognosen wollen insgesamt 70 Prozent investieren. 49 Prozent machen etwaige Investments jedoch von den wirtschaftlichen Entwicklungen in den kommenden Wochen und Monaten abhängig. Erfreulich ist, dass knapp 30 Prozent bereit sind, mehr als im Vorjahr zu investieren. Insbesondere soll im Bereich der Digitalisierung (36 %) investiert werden, aber auch in den Aufbau neuer Geschäftsbereiche bzw. Vertriebskanäle. Zudem soll die Qualität der Produkte von frischem Kapital profitieren. Ein Viertel der Betriebe tätigt Investitionen, um behördliche Auflagen zu erfüllen. „Generell zeigt sich, dass es vor allem um punktuelle Investments geht. Die großen Brocken werden dabei eher selten angegriffen“, so Wagner. Um zu investieren, setzen Betriebe heuer deutlich seltener auf einen Kredit. Während laut Austrian Business Check des KSV1870 im Vorjahr rund 26 Prozent der österreichischen Betriebe einen Kredit aufgenommen haben, planen dies aktuell nur 12 Prozent. Mit ein Grund könnte auch sein, dass sich die Kreditaufnahme zunehmend schwieriger gestaltet. Gründe dafür sind unter anderem Zinserhöhungen, ein hoher bürokratischer Aufwand und auch, dass mehr private und unternehmerische Sicherheiten gefordert werden.
Eigenkapital so hoch wie selten zuvor
Wie die aktuelle Austrian Business Check-Umfrage deutlich zeigt, ist die Eigenkapitalstärke der heimischen Unternehmen erfreulich – und das, obwohl die vergangenen Jahre heraufordernd waren. Derzeit bewerten 23 Prozent ihre Eigenkapitalsituation mit „sehr gut“, weitere
28 Prozent mit einem “gut“. Hinzu kommen 29 Prozent, die sich „im gesicherten Mittelfeld“ bewegen. „So skurril es anmuten mag: Trotz der jüngsten Krisenjahre konnten viele Betriebe ihre Kapitalausstattung nach oben schrauben. Auch deshalb, weil das staatliche ‚Eigenkapital-Förderprogramm‘ funktioniert hat“, erklärt Wagner. Diesen Trend bestätigt auch ein Blick in die KSV1870 Wirtschaftsdatenbank. Der zufolge nach hat sich die durchschnittliche Eigenkapitalquote zwischen den Jahren 2018 und 2021 von 48,09 auf 49,69 Prozent erhöht. Zudem gab es im Jahr 2021 fast 146.000 Unternehmen mit einer positiven Eigenkapitalquote – so viele wie seit Jahren nicht.
Wünsche an die Politik – klassische Finanzthemen im Fokus
Dass die Unternehmen im Jahr 2023 alles den Finanzen unterordnen, zeigt sich auch bei den Wünschen an die Regierung, die Österreichs Unternehmen im Zuge der aktuellen KSV1870 Umfrage formuliert haben. Nachdem im Vorjahr vor allem inhaltliche Themen im Mittelpunkt standen, etwa die Verbesserung bzw. Modernisierung des Schul- und Ausbildungssystems und die Bewältigung des Arbeitskräftemangels, sind es in diesem Jahr wieder die klassischen Finanzthemen: Lohnkosten und Steuern senken, Energiekosten reduzieren oder die Verschlankung der Bürokratie. Darüber hinaus geht es den Unternehmen auch um eine „glaubwürdige Politik, auf die man sich verlassen kann“.
Zur Umfrage: Im Rahmen des Austrian Business Check befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Österreichs Unternehmen, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage im März 2023, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben rund 1.300 Unternehmen teilgenommen.
=> Weiteres Umfrageergebnis im Rahmen des Austrian Business Check 2023 über den Status quo der Wirtschaft: Unternehmen: Kein Feuer bei Zukunftsthemen