Das Insolvenzgericht darf die Schließung eines Unternehmens nur anordnen, wenn feststeht, dass anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Insolvenzgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist.
Das Insolvenzgericht darf die Schließung eines Unternehmens nur anordnen oder bewilligen, wenn feststeht, dass anders eine Erhöhung des Ausfalls, den die Insolvenzgläubiger erleiden, nicht vermeidbar ist. Die Erhöhung des Ausfalls ist als vermeidbar anzusehen, wenn sich eine oder mehrere Personen in gegenüber dem Gericht abgegebenen schriftlichen Erklärungen ausdrücklich verpflichten, den Insolvenzgläubigern in betraglich und zeitlich ausreichendem Umfang für den Ausfall zu haften, den diese aufgrund der Fortführung erleiden können, und keine Bedenken gegen die Einhaltung dieser Verpflichtungen bestehen. Eine derartige Haftungsübernahme wird gewöhnlich als Fortführungsgarantie bezeichnet. Sie ist nicht mit einem sofortigen Geldmittelzufluss an die Masse bzw den Masseverwalter verbunden, sondern wird erst schlagend, wenn feststeht, dass die Unternehmensfortführung den Ausfall der Insolvenzgläubiger erhöht, also ein negatives Betriebsergebnis erbracht und damit die zur Verteilung gelangende Masse geschmälert hat. In diesem Fall ist die Haftung durch die Insolvenzgläubiger oder - falls eine solche Vorgangsweise vorweg vereinbart wurde - durch den Masseverwalter in Anspruch zu nehmen und notfalls klagsweise durchzusetzen.
Im Unterschied zur erst im Nachhinein zu realisierenden Fortführungsgarantie ist eine - in der Insolvenzordnung (IO) nicht erwähnte, aber in der Praxis häufiger vorkommende - Fortführungskaution dadurch charakterisiert, dass im Vorhinein eine Geldsumme erlegt wird, über die der Masseverwalter sofort und frei verfügen kann, um die Unternehmensfortführung zu finanzieren bzw die dafür erforderliche Liquidität herzustellen. Dies ändert aber nichts daran, dass auch eine solche Kaution (nur) dazu dient, die Insolvenzgläubiger vor einer Erhöhung ihres Ausfalls durch die Unternehmensfortführung zu schützen und damit eine solche trotz schlechter Prognose zu ermöglichen, und nicht etwa dazu, die letztlich zur Ausschüttung gelangende Quote zu erhöhen. Daraus folgt, dass die Kaution nach Abschluss der Unternehmensfortführung zurückzustellen ist, soweit sie nicht benötigt wird, um eine durch die Fortführung eingetretene Ausfallserhöhung abzudecken. Um den Eintritt und gegebenenfalls das Ausmaß einer Ausfallserhöhung feststellen zu können, ist es erforderlich, eine gesonderte Fortführungsrechnung zu erstellen, die ausschließlich jene Einnahmen und Ausgaben enthält, die aufgrund der Unternehmensfortführung entstanden sind. Einnahmen und Ausgaben, die auch ohne Fortführung angefallen wären, haben dabei außer Betracht zu bleiben. Nur im Umfang einer fortführungskausalen Ausfallserhöhung zulasten der Insolvenzgläubiger fließen Kautionsmittel (endgültig) in die allgemeine Insolvenzmasse ein. Soweit der Kautionsbetrag darüber hinausgeht, ist er zurückzustellen.
ZIK 2017/95
IO: § 115
OLG Linz 17. 3. 2016, 2 R 33/16k
Diesen Gläubigerschutztipp finden Sie im forum.ksv 3/2017.
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