Mag. Sophie Wagner, MBL, stellt die seit 1. April 2024 bestehende Gesellschaftsform der Flexiblen Kapitalgesellschaft (im Folgenden kurz FlexCo) vor und zeigt dabei Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur GmbH auf.
Grundgedanke bei Entwicklung der FlexCo war es, eine Gesellschaftsform zu schaffen, die praxisbasiert auf die Bedürfnisse von Start-ups zugeschnitten ist. Die FlexCo basiert auf dem GmbH-Gesetz und ist als Hybrid zwischen AG und GmbH konzipiert. Die rechtliche Basis der FlexCo bildet ein eigenständiges Bundesgesetz, das FlexKapGG. So dieses keine besonderen bzw abweichenden Bestimmungen vorsieht, gelangt das GmbHG zur Anwendung. Im Mittelpunkt stehen dabei die wesentlichsten Unterschiede, und zwar die Schaffung einer neuen Anteilsklasse, die Mitarbeiterbeteiligung ermöglicht, die Erleichterung der Anteilsübertragung sowie die Flexibilisierung von Kapitalmaßnahmen.
Aufsichtsratspflicht bei einer FlexCo?
Die FlexCo kann durch eine oder mehrere Personen zu jedem erlaubten Zweck gegründet werden und jeden erlaubten Unternehmensgegenstand betreiben (sodass sie nicht nur von Start-ups genutzt werden kann). Das Stammkapital einer FlexCo beträgt – wie bei der GmbH – 10.000 Euro. Der Mindestbetrag einer Stammeinlage beträgt jedoch nur einen Euro. Sie hat dieselben Organe mit denselben Organkompetenzen und im selben Verhältnis der Organe untereinander wie die GmbH. Sie verfügt zwingend über eine (weisungsberechtigte) Generalversammlung und Geschäftsführer. Ein Aufsichtsrat ist bei der FlexCo im Gegensatz zur GmbH bereits dann einzurichten, wenn die FlexCo die Qualifikation als „mittelgroße Kapitalgesellschaft“ erlangt. Daher kann es schon deutlich früher zu einer Aufsichtsratspflicht samt der verpflichtenden Arbeitnehmermitbestimmung kommen. Im Gegensatz zur GmbH kann der Gesellschaftsvertrag der FlexCo vorsehen, dass für eine schriftliche Abstimmung nicht das Einverständnis aller Gesellschafter erforderlich ist. In diesem Fall muss für eine rechtswirksame schriftliche Beschlussfassung allen stimmberechtigten Gesellschaftern eine Teilnahme an der Abstimmung ermöglich werden. Ebenfalls ist es möglich, im Gesellschaftsvertrag vorzusehen, dass die Stimmabgabe in Textform (etwa per E-Mail) erfolgen kann. Bei der GmbH besteht diese Möglichkeit nicht.
Gibt es ein Stimmrecht?
Die innovativste Neuerung bei der FlexCo und auch den größten Unterschied zur GmbH stellt die Ausgabe von Unternehmenswertanteilen dar. Diese Anteilsklasse soll die begünstigte Beteiligung von Mitarbeitern an der FlexCo ermöglichen, sie ist allerdings nicht auf diese beschränkt. Unternehmenswertanteile sollen eine einfache Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ermöglichen und dadurch die Loyalität zur Gesellschaft erhöhen. Sie können nur dann ausgegeben werden, wenn es der Gesellschaftsvertrag der FlexCo vorsieht, und darüber hinaus auch nur bis zu einem Ausmaß von maximal 25 % des Stammkapitals der FlexCo. Auf Unternehmenswertanteile sind Stammeinlagen zu leisten. Diese sind zur Gänze sofort aufzubringen. Die Stammeinlagen sind Teil des Stammkapitals. Die Inhaber von Unternehmenswertanteilen (= Unternehmenswert-Beteiligte) werden nicht namentlich ins Firmenbuch eingetragen, sie sind aber in dem von den Geschäftsführern zu führenden Anteilsbuch genannt. Dessen Listen sind in weiterer Folge zum Firmenbuch einzureichen. Im Gegensatz zu FlexCo-Gesellschaftern haben sie kein Stimmrecht und kein Recht auf Beschlussanfechtung. Unternehmenswert-Beteiligte haben jedoch ein gesetzliches Informations- und Einsichtsrecht sowie (zwingend) ein Mitverkaufsrecht. Unternehmenswert-Beteiligten trifft keine Nachschusspflicht.
Was braucht es zur Anteilsübertragung?
Eine weitere Neuerung bzw Erleichterung liegt in der Form der Anteilsübertragung. Diese bedarf nicht der Form eines Notariatsaktes. Für die Beurkundung der Übertragung von Geschäftsanteilen ist nunmehr auch eine von einem Rechtsanwalt errichtete Urkunde ausreichend. Diese Formerleichterung gilt auch bei einer Kapitalerhöhung, bei genehmigtem Kapital oder bei der Ausübung von Bezugsrechten.
Im Gegensatz zur GmbH hat der Gesetzgeber bei der FlexCo weitere, aus dem Aktienrecht bereits bekannte Kapitalaufbringungsmaßnahmen zugelassen. Die FlexCo kann ihr Stammkapital im Unterschied zur GmbH nicht nur ordentlich oder nominell, sondern auch bedingt oder durch ein genehmigtes Kapital erhöhen. Eine bestehende GmbH oder Aktiengesellschaft kann in eine FlexCo umgewandelt werden. Ebenfalls können FlexCos in eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden.
Letztendlich wird die Praxis zeigen, wie groß der Erfolg der FlexCo sein wird.
Zur Person: Mag. Sophie Wagner, MBL, ist selbstständige Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee mit den Tätigkeitsschwerpunkten Insolvenz- und Sanierungsrecht sowie Gesellschafts- und Unternehmensrecht.
Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 03/2024.