Eine bloß vorbereitete, aber noch nicht eingereichte Selbstanzeige kann die Verhängung eines Taktiererzuschlags nicht verhindern
Wird eine Selbstanzeige nach der „Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe“ einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet, ist zusätzlich zur Abgabenachzahlung binnen Monatsfrist ein sog „Taktiererzuschlag“ von bis zu 30 % zu entrichten, um Straffreiheit zu erlangen. Die Prüfung muss dabei kausal für die Selbstanzeige sein. Nach der Rechtsprechung des BFG ist nur die Tatsache der Erstattung der Selbstanzeige nach der Prüfungsankündigung entscheidend: Dass eine Selbstanzeige bereits erstellt, aber noch nicht an die Abgabenbehörde übermittelt worden ist, ändert an dieser Beurteilung nichts.
Sachverhalt
Einem Abgabepflichtigen wurde telefonisch und per E-Mail durch das Finanzamt eine Außenprüfung betreffend Körperschaftsteuer 2015 bis 2019 am 6. Dezember 2021 angekündigt. Eine Selbstanzeige betreffend die Körperschaftsteuer 2016 bis 2018 wurde jedoch erst am 7. Dezember 2021 erstattet. Eine Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs 6 FinStrG wurde bescheidmäßig festgesetzt.
Die für die Selbstanzeige ursächlichen und zu berichtigenden Umstände wurden vom Abgabepflichtigen bereits am 8. November 2021 entdeckt. Die Selbstanzeige wurde daraufhin ausgearbeitet und der zuständigen Vorständin am 3. Dezember 2021 zur Freigabe weitergeleitet. Da die Selbstanzeige am 6. Dezember 2021 bereits ausgearbeitet war und sich nur noch im Freigabeprozess befand, wurde gegen den Abgabenerhöhungsbescheid Beschwerde erhoben.
BFG 1.12.2023, RV/2100533/2023
Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass bereits die Ankündigung/Anmeldung einer Prüfung den Taktiererzuschlag auslöst. Der im § 29 Abs 6 FinStrG verwendete Begriff „anlässlich“ ist so auszulegen, dass zum Zeitpunkt der Ankündigung einer Prüfung eine Selbstanzeige bereits erstattet worden sein muss, um eine Abgabenerhöhung zu vermeiden. Dass eine Selbstanzeige bereits vorbereitet ist, ist zur Vermeidung eines Taktiererzuschlags nicht ausreichend.
Entscheidend ist der Zeitpunkt der Ankündigung einer Prüfungsmaßnahme. Dieser bildet eine klare zeitliche Grenze, ab der eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr ohne eine Abgabenerhöhung möglich ist.
Aus Praxissicht interessant erscheint die Einschätzung des BFG, wonach es sich bei der konkreten Zeitspanne zwischen dem Bekanntwerden der Umstände, welche zur Selbstanzeige führten, und dem tatsächlichen Einbringen der Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt um einen langen Zeitraum handeln würde. Der Zeitraum von beinahe einem Monat spreche nach Ansicht des BFG dafür, dass die Beschwerdeführerin nicht dem Zweck des § 29 Abs 6 FinStrG entsprechend, nämlich der Förderung der Steuerehrlichkeit und ein Abwarten bei der Erstattung von Selbstanzeigen hintanzuhalten, gehandelt habe.
Ergebnis: Bloßes Vorhandensein einer Selbstanzeige zur Vermeidung einer Abgabenerhöhung nicht ausreichend
Nach der Rechtsprechung des VwGH (Verwaltungsgerichtshof) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine nach Bekanntgabe einer Prüfungsmaßnahme eingebrachte Selbstanzeige anlässlich der Prüfungsmaßnahme erstattet wird und damit einen Taktiererzuschlag auslöst (VwGH 26.3.2019, Ro 2019/16/0003). Nach der Rechtsprechung des BFG gilt dies auch dann, wenn eine Selbstanzeige bereits erstellt, aber noch nicht eingereicht worden ist, weil sich diese beispielsweise noch im formalen Freigabeprozess befindet. Nach Ansicht des BFG war im konkreten Fall die Dauer von einem Monat für die Erstellung einer Selbstanzeige als langer Zeitraum zu werten.
Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 02/2024.