Bilderbuch-Pleiten: Der Fall Salzburg Schokolade

Schokolade mag (fast) jeder. Wenn dann noch das Gesicht des wohl berühmtesten österreichischen Komponisten auf den süßen Kugeln prangt, scheint nichts schief gehen zu können. Nichtsdestotrotz sah sich der Süßwarenproduzent Salzburg Schokolade vor einigen Jahren mit einer Insolvenz konfrontiert. Für die Gläubiger hätte die Sache nicht besser ausgehen können.

Die Wurzeln von Salzburg Schokolade lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Die erste industriell hergestellte Mozartkugel ging 1967 vom Band. Heute produziert das Unternehmen die „Echte Salzburger Mozartkugel von Mirabell“ für den amerikanischen Konzern Mondelez. Ein geschützter Markenname, denn über die „Echtheit“ und die historische Urheberschaft, der nach Mozart benannten, runden Süßigkeit können traditionsbewusste Naschkatzen seit mehr als 130 Jahren trefflich streiten. Das Sortiment der Salzburger umfasst darüber hinaus Pralinen, Kuvertüren, Schokoriegel (der Marke Bobby) und Fettglasuren. Besonders beliebt sind die Maria Theresien Taler, eine doppelt gefüllte Pralinenspezialität mit mehr als 30 Prozent Haselnussanteil in der Creme.

Geschäftseinbruch wegen Corona

Doch keine dieser Leckereien konnte verhindern, dass Salzburg Schokolade 2021 in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte. Wie viele andere Lebensmittelunternehmen wurden auch die Salzburger hart von der Corona-Pandemie getroffen. Eine wichtige Zielgruppe waren Touristen gewesen. Während der Lockdowns kam dieses Geschäftsfeld komplett zum Erliegen. Ebenso das Geschäft mit verschiedenen Fluglinien, die ihren Passagieren den Maria Theresien Taler servierten. Auch der Export brach massiv ein. 

Fünfköpfiger Gläubigerausschuss

Das Verfahren wurde am 30. November 2021 als von der Schuldnerin selbst beantragtes Konkursverfahren eröffnet. Es zeigte sich jedoch rasch, dass eine Fortführung des Unternehmens möglich ist. Dies wurde im Rahmen der Berichtstagsatzung am 13. Dezember desselben Jahres formell vom Gericht festgestellt.  Aufgrund der positiven Fortführung wurde das Unternehmen einer Sanierung zugeführt und ein Sanierungsplanantrag von der Gläubigermehrheit angenommen. 

Die offenen Forderungen betrugen rund 21 Millionen Euro. Diese wurden von 301 Gläubigern geltend gemacht, wovon der KSV1870 die überwiegende Mehrheit vertrat. Zusätzlich hat der KSV1870 in diesem Verfahren auch die Dienstnehmer vertreten, bzw. präzise gesagt den Insolvenzentgeltfonds. Die offenen, rückständigen Entgeltforderungen der Dienstnehmer werden im Insolvenzverfahren de facto für den Insolvenzentgeltfonds zur Anmeldung gebracht und quotenmäßig bedient. Gesondert hierzu prüft der Insolvenzentgeltfonds die Forderungen der Dienstnehmer und zahlt das rückständige Entgelt, wenn dieses zu Recht besteht an die Dienstnehmer aus. 

Das Gericht hat dem Insolvenzverwalter außerdem einen fünfköpfigen Gläubigerausschuss beigeordnet, dem neben den Gläubigerschutzverbänden auch der Insolvenzschutzverband für ArbeitnehmerInnen (ISA) sowie ein renommiertes Salzburger Bankhaus angehörten. 

Großes mediales Interesse

Die Insolvenz von Salzburg Schokolade hat auch international hohe Wellen geschlagen. Die weltweite Popularität der Mozartkugeln hat die globale Presse auf den Plan gerufen. Die Expertinnen und Experten des KSV1870 fungierten in dieser Situation deshalb einmal mehr als Ansprechpartner für Journalisten. Im Unterschied zu anderen, mitunter nichtöffentlichen Verfahren erwies sich dieses Ausmaß der Medienpräsenz im vorliegenden Fall nicht zwingend als nachteilig. Im Gegenteil: Es mag sogar von Vorteil gewesen sein. Denn, dass Salzburg Schokolade die Rettung aus eigener Kraft nicht schaffen würde, war von Anfang an klar. Da somit ein Investor gesucht wurde, der helfend einspringt, könnte die weltweite Berichterstattung potenzielle Investoren auf den Fall aufmerksam gemacht haben. Bereits am ersten Verhandlungstag wurde bekannt, dass KEX Confectionery, ein Unternehmen rund um den Investor Julius Meinl, Interesse hatte. KEX Confectionery war zu diesem Zeitpunkt kein Neuling in der Süßwarenbranche. Bereits einige Jahre zuvor hatte es Heidi Chocolat gekauft und diese wiederum den Schwedenbombenhersteller Niemetz. 

100 Prozent – ein optimales Ergebnis

Die kommenden Wochen waren dennoch von zähen Verhandlungen geprägt. Denn neben KEX gab es noch einige weitere Interessenten, internationale wie auch österreichische. Bei der Tagsatzung am 7. Februar 2022 wurde die Zukunft von Salzburg Schokolade schließlich in trockene Tücher gebracht. Die Gläubiger stimmten dem Sanierungsplan von KEX – und damit indirekt auch der Übernahme – zu. Das alles überstrahlende Resultat der Verhandlungen war eine 100-Prozent-Quote für die Gläubiger. Damit nicht genug, wurde nach intensiven Verhandlungen durch unseren Verband für die Gläubiger vereinbart, dass die erste Tranche in Höhe von 20 Prozent der Gesamtsumme bereits binnen 14 Tagen ab rechtskräftiger Bestätigung des Sanierungsplanes zu bezahlen war. Für die restlichen 80 Prozent erhielt der neue Eigentümer drei Jahre Zahlungsfrist. Eine Besonderheit beinhaltet die Vereinbarung außerdem: Die 80 Prozent wurden mit einem Pfandrecht im Grundbuch von drei Liegenschaften der Salzburg Schokolade besichert. 

Der Masseverwalter verwaltet dieses Pfandrecht nun treuhändisch. Sollte die Schuldnerin die Sanierungsplanquote nicht zur vereinbarten Quotenfälligkeit an die Insolvenzgläubiger auszahlen, erfolgt eine Verwertung der Liegenschaften. Da die betreffenden Liegenschaften nicht belastet waren, stehen die Gläubiger im ersten Rang. Viel besser kann ein Insolvenzverfahren für die Gläubiger nicht ausgehen.

Aktuell:  Zwischenzeitlich wurde die Schließung des Werkes in Grödig mit Ende dieses Jahres angekündigt. Der Kakao, der bekanntermaßen ein wesentlicher Bestandteil der süßen Kugeln ist, treibt etwa die Produktionskosten in die Höhe. Die Schließung des aktuellen Standorts hat aus heutiger Sicht vorerst keinen Einfluss auf die Erfüllung der 100 %-Quote, denn die Produktion soll an einem anderen Standort fortgesetzt und die Quote kann bedient werden. Wenn erforderlich, wird die Betriebsliegenschaft verwertet. Für die Gläubiger wurde bekanntlich ein Rang im Grundbuch bei Abschluss des Sanierungsplanes vorgemerkt, so dass diese jedenfalls in einem hohen Ausmaß quotenmäßig abgesichert sind.