Bilderbuch-Pleiten: Der Fall Thomas Cook

Thomas Cook war nicht bloß der Name einer Marke. Nein, Thomas Cook war ein Unternehmer, ein britischer Tourismus-Pionier sowie Gründer der späteren Thomas Cook Group. Auf ihn geht das System der Pauschalreisen zurück. Die Geschichte begann mit einer kurzen Zugfahrt im Jahr 1841 und endete knapp 180 Jahre später mit dem Zusammenbruch des Touristikkonzerns.


Nur wenige Tage nach der Pleite des britischen Großmutterkonzerns konnte sich auch der österreichische Reiseveranstalter nicht mehr dem Sog aller Folgeinsolvenzen entziehen. Denn nach und nach meldeten die Unternehmen in Deutschland, Holland, Frankreich und Spanien Insolvenz an. Damit zog der Insolvenzfall Thomas Cook weite, internationale Kreise und wurde von entsprechendem medialem Interesse begleitet. Auch deshalb war es im weiteren Insolvenzverlauf häufig notwendig, Entscheidungen rasch zu treffen, um das bestmögliche aus der Situation zu machen und den Schaden nicht weiter zu vergrößern. 

Brexit und Billiganbieter veränderten das Reiseverhalten 

Die Gründe, warum schlussendlich auch der österreichische Reiseveranstalter Insolvenz anmelden musste, sind auf die vorangegangene Pleite der Großmuttergesellschaft in Großbritannien zurückzuführen. Neben Deutschland war Großbritannien der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook. Dort aber dämpften die Wirrungen rund um den Brexit die Reiselust der britischen Kunden spürbar. Dazu kam, dass sich in dieser Zeit das Reiseverhalten ganz generell zu verändern begann. Die Konkurrenz durch Billiganbieter, die mit ihren Dumpingpreisen Kunden an Land ziehen wollten, wurde in dieser Phase immer größer. Statt Pauschalreisen buchten Kunden zudem ihre Reisen zunehmend online, auf ihre individuellen Wünsche maßgeschneidert. 

Liquidation als einzige Variante?

Nachdem alle Bemühungen und Verhandlungen, die Großmuttergesellschaft zu retten, scheiterten, musste auch die österreichische Thomas Cook jeglichen Verkauf von Reisen stoppen. Diese Maßnahme war alternativlos, da die Durchführung von gebuchten Reisen schlichtweg nicht mehr gewährleistet werden konnte. Parallel dazu kam eine Sanierung des Unternehmens aufgrund des enormen Vertrauensverlustes in den Konzern nicht mehr in Frage – zu groß war der bereits angerichtete Schaden. Der dreiköpfige Gläubigerausschuss, dem auch der KSV1870 angehörte, einigte sich deshalb rasch auf eine Liquidation des Unternehmens.

Tausende Urlauber waren von dieser Entscheidung betroffen, wobei Pauschalreisende verhältnismäßig glimpflich davonkamen. Für sie trat die gesetzlich verpflichtende Versicherung in Kraft, die jeder Pauschalreiseveranstalter abschließen muss. Die Privatkunden fielen somit zwar um ihren wohl verdienten Urlaub um, und mussten zum Teil recht kurzfristig neue Urlaubspläne schmieden, aber immerhin erhielten sie ihr Geld zurück. All jene, die sich bereits an ihrem Urlaubsort befanden, wurden kostenlos zurück in ihre Heimat transportiert. In diesen Genuss kamen jene, die einzelne Flüge oder Hotels buchten, nicht. 

Probleme im Zuge der Insolvenzabwicklung

Hotels und sonstige Beherbergungsbetriebe bekamen weder Gäste noch Geld zu Gesicht. Rund 400 von ihnen, teilweise aus Übersee, bildeten die Gruppe der Gläubiger. Unzählige von ihnen ließen sich vom KSV1870 vertreten und wurden im Insolvenzverfahren der österreichischen Thomas Cook von Anfang bis zum Ende des Verfahrens von uns als Gläubigerschutzverband professionell betreut. Im Zuge dessen musste jede einzelne Forderung sowohl vom KSV1870 als auch vom Insolvenzverwalter geprüft werden. Dabei erwies es sich als erschwerend, dass Thomas Cook ein zentrales Finanzmanagement mittels Cash-Pooling betrieben hatte. Im konkreten Fall waren die Barbestände der deutschen, österreichischen und schweizerischen Gesellschaft zusammengelegt worden. Es mussten also die eingezahlten Beträge den jeweiligen Verträgen in drei unterschiedlichen Ländern zugeordnet werden. Darüber hinaus wussten viele Hotels oft gar nicht, mit welcher Thomas Cook Gesellschaft sie einen Vertrag abgeschlossen hatten – ein weiterer Aspekt, der sich als durchaus problematisch erwies. 

Nach über drei Jahren war Schluss 

Die Passiva betrugen letztlich rund zwei Millionen Euro. Allerdings befand sich die österreichische Gesellschaft gegenüber vielen anderen in der glücklichen Lage, dass es hier ein verwertbares Asset gab. Und zwar eine 100%-Beteiligung an einem ungarischen Reiseunternehmen. Die Zeit drängte allerdings. Denn mit jedem Tag zog die Malaise um Thomas Cook medial weitere Kreise und das Vertrauen potenzieller Investoren schrumpfte zunehmend. Der Gläubigerausschuss stimmte dem Verkauf deshalb rasch zu. Glücklicherweise trug das ungarische Unternehmen „Thomas Cook“ nicht in seinem Firmennamen. Das erleichterte die Suche nach einem Käufer etwas, der erfreulicherweise auch recht bald gefunden werden konnte. Dadurch ist es am Ende gelungen, die für eine Liquidation sehr positive Quote von 23,2 Prozent für die Gläubiger zu erreichen.