Nahaufnahme eines Mann vor Laptop und Taschenrechner mit einem kleinen Haus.

Was verändert sich mit dem Bestellerprinzip

Das Prinzip der Doppelmaklertätigkeit, verankert im Maklergesetz 1996 sowie in den Vorgängerbestimmungen im Handelsvertretergesetz 1921, wird nach 100 Jahren in der Wohnungsmiete de facto abgeschafft.

Gastbeitrag: Eugen OTTO, Geschäftsführer OTTO Immobilien GmbH

Portraitfoto von Eugen Otto, von OTTO Immobilien GmbH
Eugen Otto, Geschäftsführer OTTO Immobilien GmbH
Fotocredit: Alexander Chitsazan

Nach mehr als zwei Jahren Unsicherheit, verschobenen Ankündigungen, koalitionsinternen und öffentlichen Diskussionen wurde das „Bestellerprinzip“ im März 2023 im Nationalrat beschlossen. Damit werden nach der parlamentarischen Beschlussfassung und dem geplanten in Kraft treten am 1.7.2023 die Provisionen für Mietwohnungen in Österreich – sie lagen bei bis zu zwei Brutto-Monatsmieten – abgeschafft. Das Prinzip der Doppelmaklertätigkeit, verankert sowohl im Maklergesetz 1996 als auch in den Vorgängerbestimmungen im Handelsvertretergesetz 1921, war über 100 Jahre festgeschrieben und wird nun in der Wohnungsmiete de facto abgeschafft.

"Bestellerprinzip" nach dem Vorbild Deutschlands

Mit dem neuen Gesetz wird also ab 1. Juli nach dem Vorbild Deutschlands bei der Vermittlung von Mietwohnungen nurmehr derjenige den Makler bezahlen, der ihn beauftragt („bestellt“) hat, was zumeist der Vermieter ist.  Konkret heißt es im vorliegenden Entwurf des § 17a Maklergesetz, dass der Makler nur mit dem Abgeber eine Provision vereinbaren kann, wenn dieser Vermieter als erster Auftraggeber einen Makler mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat. Eine Provisionsvereinbarung mit dem Wohnungsinteressenten soll nur mehr in dem Fall möglich sein, wenn dieser als erster Auftraggeber den Makler mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrages beauftragt hat. Eine Wohnungsmieterprovision darf auch dann nicht vereinbart werden – selbst wenn der Interessent Erstauftraggeber ist - wenn „der Vermieter oder der Verwalter am Unternehmen des Immobilienmaklers oder an einem mit diesem verbundenen Unternehmen (§ 189a Z 8 UGB) unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist oder selbst, durch Organwalter oder durch andere maßgebliche Personen Einfluss auf dieses Unternehmen ausüben kann.“ Dies gilt genauso vice versa, wenn der Immobilienmakler an einem der genannten Unternehmen beteiligt ist.

Justizministerin rechnet mit Entlastungen von 55 Mio. Euro

Das neue Bestellerprinzip wird laut der grünen Justizministerin den Mietern eine Entlastung von 55 Mio. EURO pro Jahr bringen, die sich wie folgt errechnet: in Summe existieren laut Ministerium vier Mio. Hauptwohnsitz-Wohnungen, davon sind 800.000 private Hauptmietwohnungen. Jährlich werden 117.000 Mietverträge abgeschlossen, davon rund 82.000 befristet und 35.000 unbefristet. Von den Mietern mit befristetem Vertrag erhält derzeit jeder Dritte keine Verlängerung – sie müssen somit einen teuren Wohnungswechsel vornehmen, heißt es aus dem Ministerium.

Immobilienwirtschaft als altera pars war zuletzt nicht mehr eingebunden

Dass bei einem so sensiblen Gesetzesvorhaben die Immobilienwirtschaft als „altera pars“ zuletzt nicht gehört und die Vorlage ohne Einbindung der Branche erfolgt ist, ergrimmt die Vertreter von ÖVI und WKO zurecht. Die Befürchtungen reichen von Intransparenz, Verknappung des Angebots und Massenbesichtigungen bis hin zu rechtlichem Wildwuchs zum Nachteil der Mieter. Zudem würde das Bestellerprinzip Wohnen in Österreich auch nicht billiger machen, so das Argument des Fachverbandes und der Immobilienwirtschaft.  Dazu ein Gedanke, der noch nicht in die Diskussion eingeflossen ist: Makler waren bisher verpflichtet, die Mieter über die Bestandteile des Geschäftes zu informieren und aufzuklären. Das ändert sich wohl jetzt, Mieter fallen möglicherweise künftig um diesen wichtigen Service vor Vertragsabschluss um. Daher sind aus meiner Sicht jetzt die gut dotierten Konsumentenorganisationen gefragt. Sie müssen künftig Mietern kostenlos eine äquivalente Beratung bieten, und das niederschwellig und mit raschen Erledigungsfristen.

Die Branche muss umdenken: Geben wir dem "Bestellerprinzip" eine Chance

Klar ist, dass das neue Gesetz für viele Maklerunternehmen - und speziell für jene, die sich auf Wohnungsvermietungen spezialisiert hatten - eine geänderte Marktsituation ergibt, weil ihr bisheriges Businessmodell obsolet wird. Ebenso evident ist, dass unser Beruf schon längere Zeit an einem Wendepunkt steht. Technologische Entwicklungen und die damit verbundene Digitalisierung haben Ansprüche und Möglichkeiten der Kunden radikal verändert. Die Vielzahl der heimischen Prop-Techs zeigt, dass das digitale Zeitalter auch in unserem eher traditionell ausgerichteten Berufsfeld längst eingeläutet ist. Für mich steht auch nach 40 Jahren als Immobilienmakler so, wie für viele meiner Berufskollegen, stets die Qualität der Dienstleistung im Vordergrund. In meinem Unternehmen arbeiten wir daher unabhängig von politischen Überlegungen an der Verbesserung unserer Leistungen - gerade auch in diesem Segment.  Wichtig ist daher mit diesem neuen Gesetz, einen professionellen Weg zu finden, Mietern trotzdem eine adäquate Dienstleistung zu erbringen und sie mit professioneller Beratung auf dem Weg zur neuen Wohnung zu begleiten. Daher meinen wir: geben wir dem neuen Modus Bestellerprinzip doch eine Chance! www.otto.at