Der EuGH beschäftigte sich im Urteil vom 3. Juni 2021, Titanium (Rs C-931/19) mit der Begründung einer festen Niederlassung für Umsatzsteuerzwecke eines ausländischen Unternehmers, welcher eine Immobilie in Österreich vermietet.
Es handelt sich in dieser Rechtssache um einen österreichischen Fall, der vom Bundesfinanzgericht Wien vorgelegt wurde. Die in Jersey ansässige Gesellschaft Titanium vermietete in den Jahren 2009 und 2010 eine Immobilie in Wien steuerpflichtig an zwei österreichische Unternehmer. Titanium beauftragte ein österreichisches Hausverwaltungsunternehmen mit der Verwaltung der Immobilie, behielt aber die Entscheidungsgewalt über die Begründung und Auflösung von Mietverhältnissen, deren Konditionen, Durchführung von Investitionen und Reparaturen sowie deren Finanzierung und die Überwachung der Hausverwaltung. Laut österreichischer Abgabenbehörde begründete Titanium mit der vermieteten Immobilie eine feste Niederlassung in Österreich und schuldete daher Umsatzsteuer für die Vermietungsleistungen. Titanium vertrat die Ansicht, dass mangels Personal keine feste Niederlassung in Österreich vorliegt und die Steuerschuld daher gemäß § 19 Abs 1 2. Satz UStG auf die Leistungsempfänger übergeht.
Der EuGH beschäftigte sich mit der Frage, ob eine in einem Mitgliedsstaat vermietete Immobilie eine feste Niederlassung begründet, wenn der Immobilieneigentümer nicht über eigenes Personal für die Erbringung der Vermietungsleistung verfügt. Der EuGH verneinte diese Frage. Der Begriff „feste Niederlassung“ setzt das ständige Zusammenwirken eines Mindestbestands an Personal- und Sachmitteln voraus, die für die autonome Erbringung der jeweiligen Dienstleistungen erforderlich sind. Bei einer Struktur ohne eigenes Personal liegt keine feste Niederlassung vor. Da Titanium kein eigenes mit der Verwaltung der Immobilie betrautes Personal in Österreich hat, begründet Titanium keine feste Niederlassung in Österreich.
Anmerkung: Der EuGH stellte fest, dass bei der Vermietung von Immobilien ohne eigenes Personal keine feste Niederlassung vorliegt. Laut den UStR 2000 sind Unternehmer, die ein Grundstück in Österreich steuerpflichtig vermieten, als inländische Unternehmer zu behandeln und können nicht das Reverse Charge gemäß § 19 Abs 1 2. Satz UStG anwenden (vgl UStR 2000 Rz 2601b). Diese Rechtsansicht kann im Hinblick auf das ergangene EuGH-Urteil in der Rechtssache Titanium wohl nicht mehr aufrechterhalten werden.
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