Steuer: Grunderwerbssteuer neu und Umgründungen
Das Grunderwerbsteuergesetz wurde in den letzten Jahren mehrfach adaptiert. Im Wesentlichen ist mit 1. Jänner 2016 der vorläufig letzte Schritt vollzogen: die grundlegende Abkehr vom System der Einheitswerte und die neue Bemessung der Grunderwerbsteuer auf Basis des Grundstückswertes sowie die Neuordnung der Anteilsvereinigung. Die Änderungen strahlen auch auf Umgründungen aus, wenn dadurch Grundstücke oder Anteile an grundstückbesitzenden Gesellschaften bewegt werden.
In den nachfolgend dargestellten Fallvarianten sind stets die Voraussetzungen des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) erfüllt. Es kommen daher auch die Sonderbestimmungen des UmgrStG in Bezug auf die Grunderwerbsteuer (GrESt) zu Anwendung. Die Grundbucheintragungsgebühr wird nicht gesondert behandelt, bemisst sich aber ab 1. Jänner 2016 grundsätzlich unterschiedlich zur GrESt.
Fall 1 = Verschmelzung:
Die M-GmbH hält zwei Tochtergesellschaften T1-GmbH und T2-GmbH. Beide Tochtergesellschaften verfügen über Grundstückbesitz. T1-GmbH wird mit Beschluss vom 31. August 2016 und rückwirkendem Stichtag 31. Dezember 2015 (Variante: 30. Juni 2016) auf die T2-GmbH verschmolzen.
Lösung Stichtag 31. Dezember 2015:
Die neue Rechtslage ist bei umgründungsbedingten Übertragungen von Grundstücken erst für Umgründungsstichtage ab 1. Jänner 2016 anzuwenden. Der Beschluss über die Verschmelzung am 31. August 2016 ändert nichts daran. Ebenso wäre unerheblich, wenn das Grundstück zivilrechtlich bereits im Jahr 2016 erworben wäre. Die GrESt bemisst nach dem alten System mit 3,5 % vom zweifachen Einheitswert des von T1-GmbH gehaltenen Grundstückes.
Lösung Stichtag 30. Juni 2016:
Es kommt die neue Rechtslage zur Anwendung, weil ein Umgründungsstichtag ab 1. Jänner 2016 vorliegt. Die Grunderwerbsteuer ist vom Grundstückswert des Grundstückes der T1-GmbH zu bemessen. Der Steuersatz beträgt, unabhängig vom Wert des Grundstückes, stets 0,5 %.
Fall 2 = Spaltung:
Die M-GmbH hält zwei Tochtergesellschaften T1-GmbH und T2-GmbH. Weiteres hält T1-GmbH 95 % der Anteile an E-GmbH. E-GmbH verfügt über Grundstücksbesitz. T1-GmbH spaltet die Anteile an E-GmbH mit Beschluss vom 31. August 2016 und rückwirkendem Stichtag 31. Dezember 2015 (Variante: 30. Juni 2016) auf die T2-GmbH ab.
Lösung Stichtag 31. Dezember 2015 = 30. Juni 2016:
Nicht nur die Übertragung von Grundstücken, sondern auch die Übertragung von Anteilen an grundstückbesitzenden Gesellschaften (E-GmbH) löst Grunderwerbsteuer aus (sog „Anteilsvereinigung“). Die kritische Grenze ist nach der neuen Rechtslage 95 %. Dh, bereits eine Übertragung von 95 % der Anteile an E-GmbH führt zur Anteilsvereinigung für Zwecke der GrESt (alte Rechtslage: 100-%-Grenze).
Bei den Tatbeständen der umgründungsbedingten Anteilsvereinigung ist der rückwirkende Stichtag allerdings unerheblich. Da der Beschluss der Spaltung ab 1. Jänner 2016 erfolgt, ist jedenfalls die neue Rechtslage anzuwenden. Die Übertragung der 95 % der Anteile löst daher Grunderwerbsteuer zu beiden Umgründungsstichtagen aus.
Bemessen wird die Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert des Grundstückes der E-GmbH. Der Steuersatz beträgt 0,5 %. Steuerschuldner ist im Übrigen die T2-GmbH, in dessen „Hand“ die Anteile vereinigt werden.
Fall 3 = Einbringung und Anwachsung:
M-GmbH hält zwei Tochtergesellschaften T1-GmbH und T2-GmbH & Co KG. T1-GmbH ist zugleich alleiniger Komplementär der T2-GmbH & Co KG. T2- GmbH & Co KG verfügt über Grundbesitz. M-GmbH bringt alle Anteile an T2-GmbH & Co KG mit Beschluss vom 31. August 2016 und rückwirkendem Stichtag 31. Dezember 2015 (Variante 30. Juni 2016) in die T1-GmbH ein. Nach § 142 UGB erlischt die T2-GmbH & Co KG, wenn nur noch ein Gesellschafter (T1-GmbH) verbleibt. Dadurch kommt es zur Anwachsung des Vermögens der T2-GmbH & Co KG an T1-GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Lösung Stichtag 31. Dezember 2015:
Bei Einbringung aller Anteile in die Komplementär-GmbH samt Anwachsung des KG-Vermögens (§ 142 UGB) war und ist stets die Rechtsfrage, ob für grunderwerbsteuerliche Zwecke eine Anteilsvereinigung oder eine Übertragung des KG-Grundstückes – oder sogar beides – erfolgt. Die Verwaltungspraxis ging bisher von einer Übertragung des Grundstückes aus (UmgrStR Rz 1241). Entsprechend bemisst sich die Grundsteuer nach alter Rechtslage mit 3,5 % vom zweifachen Einheitswert.
Lösung Stichtag 30. Juni 2016:
In einem aktuellen Erlass des BMF (BMF-010206/0058-VI/5/2016 vom 13. Mai 2016) wird der Sachverhalt nach der neuen Rechtslage wie folgt gelöst: Die Übertragung des Grundstückes der T2-GmbH & Co KG infolge der Anwachsung geht der Anteilsvereinigung vor. Im Ergebnis tritt (einmalige) Grunderwerbsteuerpflicht von 0,5 %, bemessen vom Verkehrswert des Grundstückes der T2-GmbH & Co KG, ein.
Praxishinweis:
Vorsicht: Bei einer Anwachsung außerhalb des Umgründungssteuergesetzes ist fraglich, ob die gleichen Steuerfolgen wie in Fall 3 eintreten (dh insbesondere Steuersatz 0,5 % oder 3,5 %).
Kontakt: KPMG Austria GmbH