Während sowohl die Geschäftslage als auch die Umsätze der Betriebe hierzulande stagnieren, bleibt das Zahlungsverhalten bis auf wenige Ausnahmen auf gutem Niveau.
Wien, 16.10.2024 – Jede sechste Rechnung wird in Österreich zu spät bezahlt. Dieser auch international gute Wert entspricht dem Vorjahresergebnis und zeigt, dass sich die Zahlungsmoral trotz multipler Krisenherde zuletzt nicht verschlechtert hat. 65 Prozent der befragten Unternehmen sprechen von einem unverändert guten Zahlungsverhalten. Die Privaten zahlen im Schnitt nach 13 Tagen, die Gemeinden nach 24 Tagen und die Firmen nach 25 Tagen. Das sind gute Werte. Der Bund mit 35 und die Länder mit 31 Tagen hinken etwas hinterher. Ob das insgesamt gute Niveau gehalten werden kann, ist jedoch fraglich, denn ein Drittel der Befragten befürchtet im nächsten Jahr eine Verschlechterung, die auf die Geschäftslage durchschlagen könnte. Aktuell bewerten gerade einmal 48 Prozent der Betriebe ihre Situation mit „sehr gut“ oder „gut“. Das ist der niedrigste Wert seit März 2021, wie aus der aktuellen Austrian-Business-Check-Umfrage des KSV1870 hervorgeht. Hinzu kommt, dass die Konsumausgaben der Privathaushalte in den vergangenen zwölf Monaten weiter gesunken sind.
Die wirtschaftliche Situation ist weiterhin angespannt und eine finanzielle Entspannung ist bei Unternehmen wie auch Privathaushalten trotz rückläufiger Inflationsrate nicht unmittelbar in Sicht. Laut aktueller KSV1870 Umfrage bewerten nur noch 48 Prozent der in Österreich tätigen Unternehmen ihre eigene Geschäftslage mit „sehr gut“ oder „gut“. Gleichzeitig sprechen 27 Prozent (2023: 31 %) von rückläufigen Umsätzen im Vergleich zum Vorjahr und weitere 41 Prozent (2023: 34 %) von einer maximal gleichbleibenden Entwicklung. Nur 32 (2023: 35 %) Prozent erkannten in den vergangenen Monaten einen Umsatzanstieg. „Die Ergebnisse zeichnen ein düsteres Bild mit trüben Aussichten. Daher schon jetzt mein Appell an die zukünftige Bundesregierung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es sowohl Unternehmen wie auch Privaten ermöglichen, mehr Geld in die Wirtschaft zu investieren“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. In weiterer Folge ist es nicht überraschend, dass lediglich 54 Prozent (2023: 56 %) der Betriebe das laufende Jahr mit Gewinn abschließen werden. 2021 waren es noch 63 Prozent.
Privathaushalte geben weniger Geld aus
Im Zuge der Umfrage wurde auch der Ist-Zustand der Privathaushalte beleuchtet. Dabei zeigte sich deutlich, dass der finanzielle Spielraum für viele immer kleiner wird. Im Vergleich zum Vorjahr sagen 51 Prozent der Unternehmen, dass Private immer weniger Geld ausgeben bzw. weniger kaufen. Und schon damals war eine deutliche Tendenz in Richtung eines eingeschränkten Konsumverhaltens gegeben. Im Gegensatz dazu sagen lediglich acht Prozent der Betriebe, dass der Privatkonsum in den vergangenen zwölf Monaten gestiegen ist. 41 Prozent sprechen von einem ähnlichen Konsumverhalten. Von dem Negativtrend besonders betroffen sind die Bauwirtschaft und der Handel. „Der private Konsum ist essenziell, um wieder eine florierende Wirtschaft zu erleben. Dazu müssen die Privaten aber wirtschaftlich entlastet werden. Der Sparkurs schützt vor Verschuldung, aber eine Konjunktur ist damit nicht zu machen“, so Vybiral.
Privatpersonen: mehr Maßnahmen notwendig
87 Prozent aller Rechnungen werden seitens der Privatkunden fristgerecht bezahlt. Das ist im Rahmen der Umfrage der Top-Wert. Trotzdem müssen die Unternehmen immer mehr Aufwand betreiben, um zu ihrem Geld zu kommen. Denn 46 Prozent der Betriebe geben an, dass es zunehmend schwieriger geworden ist, Private zum Zahlen zu bewegen. Dabei geht es vor allem darum, dass vereinbarte Zahlungsziele ausgereizt werden und mit der Bezahlung bis auf „den letzten Drücker“ zugewartet wird. Von jenen Unternehmen, die einen verlängerten Zahlungsprozess festgestellt haben, buchen 38 Prozent Forderungen mittlerweile rascher aus als früher, weil ihrer Meinung nach die Chancen auf Einbringlichkeit geringer geworden sind. „Das ist aus unserer Sicht der falsche Ansatz. Aufgrund unserer Erfahrung wissen wir, dass viele Betroffene ihren Forderungen sehr wohl nachkommen, häufig zu einem späteren Zeitpunkt, sobald sie wieder liquide sind. Das frühzeitige Ausbuchen offener Forderungen geht auf lange Sicht zu Lasten der eigenen Liquidität, die angesichts steigender Insolvenzzahlen wichtiger denn je ist“, erklärt Walter Koch, Geschäftsführer der KSV1870 Forderungsmanagement GmbH.
Zahlungsdauer: Private weiterhin top, Firmen konstant, öffentliche Hand verbessert
Insgesamt lässt sich festhalten, dass in Sachen fristgerechter Bezahlung offener Rechnungen eine positive Tendenz festzustellen ist. Während Privat- und Firmenkunden de facto auf Vorjahresniveau agieren, hat die Öffentliche Hand einen Schritt vorwärts gemacht. Diese Entwicklung ist mit einer Ausnahme auch im Bereich der tatsächlichen Zahlungsdauer erkennbar. Konkret: Die Privaten konnten ihr ohnehin sehr gutes Ergebnis von 13 Tagen halten, die Firmenkunden verzeichnen eine leichte Verbesserung auf 25 Tage (-1 Tag). Der Bund benötigt im Schnitt 35 Tage und damit um einen Tag länger als im Vorjahr. Parallel dazu verbessern sich die Länder (31 Tage) um zwei Tage und die Gemeinden (24 Tage) um einen Tag.
Auf Bundesländerebene agiert Kärnten bei den Privatkunden (9 Tage) ebenso wie bei den Firmenkunden (22 Tage) am schnellsten. Im Vergleich dazu benötigen die Privatkunden in Tirol (17 Tage) am längsten, bei den Firmenkunden sind es jene im Burgenland (30 Tage). Mit Blick auf die öffentliche Hand liegt auf Länderebene Tirol (24 Tage) in Führung, das Schlusslicht bildet das Burgenland mit 52 Tagen. Dieser schlechte Wert dürfte auch dem deutlich längsten Zahlungsziel (40 Tage) geschuldet sein. „Je kürzer das Zahlungsziel, desto rascher erhält man sein Geld. Das wäre auch für die burgenländischen Betriebe ein Ansatz, um schneller ihr Geld zu erhalten“, so Koch. Als Gründe für verspätete Zahlungen wird sowohl bei Firmenkunden als auch der Öffentlichen Hand die „Ineffizienz in der Verwaltung“ am häufigsten genannt. Bei den Privaten ist es in erster Linie die Vergesslichkeit.
Typologien der Inkassoschuldner
Parallel zur Umfrage hat der KSV1870 auch Typologien im Inkasso näher beleuchtet. Dabei zeigt sich, dass 51 Prozent Männer, 33 Prozent Frauen und in 16 Prozent der Fälle eine juristische Person betroffen sind. Nach Altersgruppen geclustert, betreffen 24 Prozent der Inkassofälle die 21- bis 30-Jährigen, 26 Prozent die 31- bis 40-Jährigen, 20 Prozent die 41- bis 50-Jährigen und 15 Prozent die 51- bis 60-Jährigen. Weiters entfallen 12 Prozent auf die Gruppe der Über-60-Jährigen. Wenn auch auf niedrigem Niveau, ist es alarmierend, dass Inkassoschuldner bis 20 Jahre bereits drei Prozent aller Fälle ausmachen und immer häufiger auftreten – obwohl sie erst ab 18 Jahren vollumfänglich geschäftsfähig sind. Zudem liegen 49 Prozent der Fälle im Bereich „bis 200 Euro“, was die Forderungshöhe betrifft. Weitere 45 Prozent befinden sich zwischen 201 Euro und 3.000 Euro. Fälle mit einer Forderungshöhe von über 3.000 Euro machen sechs Prozent aus und sind eher selten. „Auffallend ist, dass die Einbringlichkeit in jenen Segmenten hinterherhinkt, in denen sich die Preise zuletzt verdoppelt oder verdreifacht haben. Zudem nimmt die Quote mit zunehmender Forderungshöhe ab, hier sind absichernde Maßnahmen ein absolutes Muss“, so Koch.
Zur Umfrage: Im Rahmen des Austrian Business Checks befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Unternehmen in Österreich, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage im August 2024, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben 1.300 Unternehmen teilgenommen.