Sanierungsplan und ausreichende Kenntnis eines Gläubigers von Insolvenzverfahren/-forderung
Grundsätzlich wird der Schuldner durch den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel, ob sie am Insolvenzverfahren oder an der Abstimmung über den Sanierungsplan teilgenommen oder gegen den Sanierungsplan gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist. Daher sind auch Forderungen, die – obwohl anmeldungsbedürftig – nicht angemeldet werden, von den Wirkungen des Sanierungsplans erfasst (RIS-Justiz RS0113775 [T3] noch zum Zwangsausgleich).
Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Schuldners im Sanierungsplan unberücksichtigt geblieben sind, können nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Bezahlung ihrer Forderungen im vollen Betrag vom Schuldner verlangen. Diese Ausnahmebestimmung ist nach einem strengen Maßstab auszulegen: Es gilt der Grundsatz, dass es am Gläubiger liegt, sich um seine Forderung „zu kümmern“, wozu auch die Vergewisserung gehört, dass der Schuldner insolvent ist. Voraussetzung für die Geltendmachung der vollen Forderung ist, dass die rechtzeitige Geltendmachung nur aus Verschulden des Schuldners unterblieben ist.
Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung der Forderung des Gläubigers im Sanierungsplanverfahren auch auf seine eigene Sorglosigkeit zurückzuführen ist (8 Ob 16/93; RIS-Justiz RS0027281). Bereits ein leichtes Mitverschulden des Gläubigers schließt die Geltendmachung der vollen Forderung aus (6 Ob 209/97x; 3 Ob 189/14m; RIS-Justiz RS0052293 [T1]). War (wie im Anlassfall) eine Gläubigerin vom Schuldner über das Insolvenzverfahren und den beabsichtigten Sanierungsplan informiert worden, trifft sie ein Verschulden, wenn sie ihre Forderung nicht anmeldete.
ZIK 2018/307
OGH 26.6.2018, 10 Ob 11/18t
IO: § 156 Abs 1 und 4
ABGB: § 1304