Insolvenz anmelden: So holen Sie das Beste heraus

Die Zahlungsunfähigkeit steht bevor, die Pleite scheint unausweichlich und damit platzt der Traum vom Unternehmertum. Nein, so muss es nicht sein. Denn in so einer Situation stehen Unternehmen zunächst vor einer grundlegenden Frage: Wie soll es weitergehen?

 

Im Jahr 2023 sind 5.380 Unternehmen österreichweit in die Insolvenz geschlittert. Angesichts der Fülle an wirtschaftlichen Herausforderungen, die vielen Betrieben zuletzt zu schaffen machten, war das die erwartbare Folge. Was diese Unternehmen eint? Sobald die finanzielle Schieflage immer größer wurde und die Insolvenzanmeldung unvermeidbar war, galt es rasch eine Entscheidung zu treffen. Soll das Unternehmen fortgeführt oder geschlossen werden? Das ist die erste grundlegende Frage, die über das Schicksal eines Unternehmens mitentscheidet. Denn dieser Entschluss beeinflusst die Wahl des Insolvenzverfahrens maßgeblich. Die österreichische Insolvenzordnung kennt dafür drei unterschiedliche Optionen:  

  • Konkurs: Das Ziel eines Konkurses ist die Schließung des Unternehmens und die Verwertung des vorhandenen Vermögens durch den Insolvenzverwalter. Dabei erhalten die Gläubiger eine Verteilungsquote aus der Vermögensverwertung. 
  • Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung: Das Sanierungsverfahren ermöglicht eine zeitnahe Entschuldung (Restschuldbefreiung) eines insolventen Unternehmens durch einen Sanierungsplan. Ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung ist ein Verfahren, bei dem, wie der Name vermuten lässt, eine Sanierung eines Unternehmens unter der Kontrolle eines Masseverwalters (Insolvenzverwalters) stattfindet. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse werden, wie im Konkursverfahren zur Gänze an den Insolvenzverwalter übertragen. Die gesetzliche Mindestquote des bei Insolvenzantragstellung beizulegenden Sanierungsplans liegt bei 20 % zahlbar binnen zwei Jahren.
  • Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung: Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung soll ebenfalls eine Sanierung des Schuldnerunternehmens ermöglicht werden. Im Unterschied zum Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung wird aber nur ein Teil der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Schuldners auf den Sanierungsverwalter übertragen. Die gesetzliche Mindestquote des Sanierungsplanangebots liegt bei 30 % zahlbar binnen zwei Jahren.

An dieser Stelle bleibt festzuhalten, dass ein Insolvenzverfahren nur dann eröffnet werden kann, wenn ausreichend Vermögen vorhanden ist, um die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens (Gerichtskosten, Kosten des Insolvenzverwalters) abdecken zu können – aktuell sprechen wir hier von zumindest 4.000 Euro. Für welche Verfahrensart sollten sich Unternehmen in welcher Situation entscheiden?

Generell gilt: Umso früher sich Unternehmen eingestehen, Insolvenz anmelden zu müssen und eine Entscheidung treffen, welche Verfahrensart am zielführendsten zu sein scheint, desto besser. Insbesondere im Falle einer Sanierung gilt es, möglichst früh eine Entscheidung zu treffen. Denn je früher die Entscheidung fällt, desto größer ist die Chance einer erfolgreichen Sanierung. Und im Regelfall ist es so, dass je früher „saniert wird“, desto weniger Arbeitsplätze müssen abgebaut werden. Aber: Wir sehen immer wieder, dass Unternehmen zu lange auf „bessere Zeiten“ hoffen, während ihr Kapital immer kleiner wird. 

Der erste Schritt

Es ist zu empfehlen, gemeinsam mit dem Steuerberater und einem sanierungserfahrenen Rechtsanwalt die Geschäftsfelder und -prozesse zu durchleuchten und sorgfältige betriebswirtschaftliche Analysen durchzuführen. Es geht auch darum persönliche Haftungen der Geschäftsführung möglichst zu beschränken. Besteht die Möglichkeit, das Unternehmen fortzuführen, Kostenreduktionen vorzunehmen und eventuell nur einzelne Geschäftsbereiche zu schließen, die unrentabel sind und negativen Deckungsbeiträge bringen, so kann ein Sanierungsverfahren sinnvoll sein. Gibt es keine Chance auf einen Weiterbestand und Fortbetrieb, so ist ein Konkursverfahren die sinnvollste Variante. 

Der Antrag

Für die Eröffnung eines Verfahrens ist immer ein entsprechender Antrag notwendig. Bei einem Sanierungsverfahren, ganz gleich ob mit oder ohne Eigenverwaltung, kann der Antrag ausschließlich durch den Schuldner selbst gestellt werden. Anders beim Konkursverfahren: Hier können sowohl Gläubiger als auch der Schuldner einen Antrag stellen.  Mit dem Antrag ist die Sache jedoch nicht in Stein gemeißelt. Wenn ein Konkursverfahren eröffnet wird, kann der Schuldner (nachträglich) einen Sanierungsplanantrag einbringen. Dafür ist ein Antrag auf Abschluss eines Sanierungsplans (mit einer Mindestquote von 20 %) zu stellen bzw. bei natürlichen Personen ein Antrag auf Zahlungsplan (keine Mindestquote). Mit einem Sanierungs- oder Zahlungsplan erreichen die Schuldner eine Entschuldung. Das bedeutet, wenn die Gläubiger dem Sanierungs- oder Zahlungsplan zustimmen, erlangt der Schuldner eine sogenannte „Restschuldbefreiung“. Mit der Bezahlung der Quote sind die Schulden getilgt. 

Mit oder ohne Eigenverwaltung? 

Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung (kurz EV) steht, wie der Name verrät, die Verwaltung der Insolvenzmasse dem Schuldner zu. Dafür ist mit dem Eröffnungsantrag ein Sanierungsplan mit einer Mindestquote von 30 % vorzulegen. Zusätzlich sind eine Reihe von Unterlagen vorzulegen, wie etwa ein genaues Vermögensverzeichnis, ein Finanzplan, Angaben über die Erfüllbarkeit des Sanierungsplans, erforderliche Reorganisationsmaßnehmen etc. Binnen 90 Tagen ab Eröffnung soll die Annahme des Sanierungsplans durch die Gläubiger erreicht werden. Daher ist es für das Verfahren unerlässlich, als Schuldner möglichst gut vorbereitet zu sein. Gelingt dies nicht, kann dem Schuldner die Eigenverwaltung entzogen werden und das Verfahren wird ohne Eigenverwaltung fortgeführt. Auch das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung ist bis zu einem gewissen Grad selbsterklärend. Der Schuldner führt unter Aufsicht des Insolvenzverfahrens das Unternehmen fort, jedoch beträgt die Mindestquote hier lediglich 20 %. Scheitert der Sanierungsplan, dann ist die Bezeichnung des Verfahrens auf „Konkursverfahren“ abzuändern und als solches abzuwickeln. In diesem Fall wird das noch vorhandene Vermögen verwertet. Das ist übrigens auch dann der Fall, wenn binnen 90 Tagen nach Insolvenzeröffnung kein Sanierungsplan von den Gläubigern angenommen wird. 

Was muss beim Antrag vorgelegt werden? 

Für eine reibungslose Antragsstellung sind die folgenden Unterlagen einzureichen:  

  1. Firmenbuchauszug
  2. Gesellschaftsvertrag
  3. Gewerbescheine
  4. Vermögensverzeichnis
  5. Vollständige Gläubigerliste (Name, Anschrift, aushaftender Saldo)
  6. Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre
  7. Aktuelle Saldenliste
  8. Aktuelle Liste der offenen Posten
  9. Aktuelle Kontoauszüge der Geschäftskonten
  10. Dienstnehmerliste mit aushaftenden Lohnansprüchen

Diese Unterlagen helfen dem Gericht und den Gläubigern, ein vollständiges Bild der finanziellen Lage des schuldnerischen Unternehmens zu erhalten und weitere Schritte im Insolvenzverfahren festzulegen. Dabei ist wichtig, dass alle Informationen korrekt und vollständig sind, um unnötige Verzögerungen oder gar die Ablehnung des Antrags zu vermeiden.

Step-by-step

Egal, mit Hilfe welcher Verfahrensart diese schwierige Situation bewältigt werden soll, in dem Fall gilt es Ruhe zu bewahren und schnell zu handeln. Eine sorgfältige Planung und professionelle rechtlicher Beratung hilft Unternehmen, die richtige Verfahrensart zu wählen und schafft Optionen für Verhandlungen mit Gläubigern und Investoren. Durch ein gut vorbereitetes Sanierungsverfahren können Unternehmen eine Entschuldung erreichen, wieder auf Kurs kommen und am Ende Arbeitsplätze sichern.

Ein Insolvenzverfahren ist für Unternehmen eine große Herausforderung, daher möchte ich Ihnen zum Abschluss folgende Tipps für den Fall der Fälle mit auf den Weg geben: 

  • Finanzielle Analyse: Zunächst muss die aktuelle finanzielle Situation des Unternehmens in Form einer Liquiditätsanalyse ermittelt werden. Außerdem muss eine umfassende Übersicht über alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erstellt sowie eine Zukunftsprognose abgegeben werden. Diese Analyse braucht es auch, um den tatsächlichen Grad der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Überschuldung festzustellen, um in weiterer Folge die sinnvollste Verfahrensart auszuwählen. 
  • Rechtliche Beratung: Es ist wichtig, einen Anwalt zu konsultieren, der auf Insolvenzrecht spezialisiert ist. Gemeinsam mit diesem Experten sollen Unternehmen die geeignete Verfahrensart wählen.
  • Strategische Planung: Ein langfristiger Plan zur Sanierung und Restrukturierung des Unternehmens wird erstellt, um nachhaltige Zukunftsaussichten zu entwickeln.
  • Kommunikation mit Gläubigern: Vor der Insolvenzantragstellung sollten Gläubiger über die finanzielle Situation des Unternehmens informiert werden. Es kann sinnvoll sein, nach einer außergerichtlichen Lösung zu suchen, zum Beispiel durch Schuldnachlässe oder Stundungen, um ein gerichtliches Insolvenzverfahren zu vermeiden. Eine frühzeitige Kommunikation hilft, Vertrauen gegenüber Gläubigern, Kunden und Lieferanten aufzubauen und dieses aufrechtzuerhalten.
  • Interne Kommunikation: Die Mitarbeiter und gegebenenfalls der Betriebsrat sollten über die geplante Insolvenzantragstellung informiert werden, um Transparenz und Vertrauen zu fördern. Und zwar bevor es das Personal aus den Medien erfährt. Auch hier gilt, intern vor extern. 
  • Insolvenzantrag vorbereiten: Der Insolvenzantrag muss beim zuständigen Insolvenzgericht eingebracht werden. Dabei sind die bereits genannten Unterlagen vollständig bereitzustellen.
  • Zusammenarbeit: Eine Kooperation mit dem Insolvenzverwalter ist entscheidend, um den Betrieb gegebenenfalls weiterzuführen und eine Sanierung zu ermöglichen. Das schuldnerische Unternehmen treffen diverse Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten, so darf zum Beispiel Ware, die mit Aussonderungsrechten von Gläubigern belastet ist, nicht an Orten gelagert werden, an denen die Ware voraussichtlich Schaden nehmen wird etc.