Für heimische Unternehmen ist es nicht immer einfach, an Geld zu kommen. Es gibt große Hindernisse, aber oft sind diese auch hausgemacht. Hier vier Fallen, über die heimische Firmen auf ihrem Weg zu mehr Wachstum und Innovation oft stolpern.
Text: Stephan Scoppetta
Für die beiden Wiener Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal war es ein fulminanter Start ins neue Jahr: Der New Yorker Risikokapitalgeber Insight Venture Partners sowie der Singapurer Investmentfonds GIC stellen zusammen mit anderen Investoren der Smartphone-Bank N26 300 Millionen Dollar zur Verfügung. Es handelt sich damit um eine der größten Private-Equity-Finanzierungsrunden, die ein europäisches Fintech-Start-up gestemmt hat. Dadurch wird N26 mit 2,7 Milliarden Dollar – rund 2,3 Milliarden Euro – bewertet. Die Gründer von N26 haben einmal mehr bewiesen, dass sie wissen, wie sie zu Geld kommen. So haben sie bereits mehr als 500 Millionen Dollar lukriert, unter anderem bei Europas größtem Versicherungskonzern Allianz oder bei Mitgliedern des Zalando-Managements.
Die Erfolgsstory von N26 ist bezeichnend. Zwar haben die beiden Österreicher die Smartphone-Bank gegründet, aber wirklich Erfolg bei den Finanzierungsrunden hatte das Start-up mit seiner Homebase Berlin. Doch nicht nur in der Start-up-Szene ist das Thema Finanzierung heiß diskutiert, auch der heimische Mittelstand ist stets auf der Suche nach Geldquellen. Gibt es in Österreich überhaupt „schlaues Geld“ oder „Smart Money“? Und ist hier auch für den Mittelstand etwas zu holen?
1. Crowdfunding, Business Angels & Co sind in Österreich Randthemen.
Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) zum Thema „Quellen der Unternehmensfinanzierung in Österreich“, durchgeführt von Wirtschaftsforscher Thomas Url, dominiert hierzulande nach wie vor die Finanzierung durch Eigenkapital der Gesellschafter das Thema – knapp die Hälfte der Finanzverbindlichkeiten heimischer Firmen wird über Eigenkapital aufgebracht. Die zweite Finanzierungsquelle sind langfristige Kredite.
Die Börse und das Thema Kapitalmarkt müssen nicht nur für die Unternehmensfinanzierung an Attraktivität gewinnen, sondern auch für Privatanleger.
Hingegen verhalfen neue Formen der Eigenkapitalfinanzierung, wie etwa Crowdfunding, Business Angels, Private Equity und Venture Capital, nichtfinanziellen Unternehmen bis 2017 zu einem Finanzierungsvolumen von nur 2,5 Milliarden Euro oder 0,3 % der gesamten Bilanzsumme von 808 Milliarden Euro. Neue bzw. staatliche Formen der Fremdfinanzierung, dazu gehören unter anderem geförderte Kredite und Crowdlending, brachten es gemeinsam auf lediglich 2,4 Milliarden Euro. Robert Ottel, Präsident des Aktienforums: „Die Börse und das Thema Kapitalmarkt müssen nicht nur für die Unternehmensfinanzierung an Attraktivität gewinnen, sondern auch für Privatanleger. Wir müssen endlich von der immer wiederkehrenden, populistischen Diskussion über Spekulation wegkommen und stattdessen über Tatsachen reden.“ So seien laut Ottel die Börse und der Kapitalmarkt für heimische Unternehmen als seriöse Finanzierungsinstrumente unverzichtbar.
2. In Österreich gibt es bei den KMU ein Marktversagen in der Equity-Szene.
Für einen lebhaften Kapitalmarkt braucht es eine gewisse Markttiefe. Ökonomin Natalia Corrales-Diez: „Leider gibt es in Österreich ein Marktversagen. Wir sehen aber auch, dass es viele KMU nicht interessiert, sich Gesellschafter ins Unternehmen zu holen, da diese Mitbestimmungsrechte haben möchten. Zudem bleiben Investoren oft auf ihren Beteiligungen sitzen, weil es keinen lebendigen Markt für Weiterverkäufe gibt oder ein Börsengang nicht absehbar ist.“ Hinzu kommt, dass die Eigenkapitalunterlegung in Österreich mit knapp 30 % deutlich geringer ist als der EU-Durchschnitt von über 60 %. „Damit ist es für KMU mit geringem Eigenkapital schwer, Fremdkapital von den Banken zu bekommen“, so Corrales-Diez.
3. Die großen internationalen Fonds schauen nicht nach Österreich.
Hierzulande gibt es relativ viel Kapital von Business Angels, also Investmentsummen von Einzelpersonen, die bereit sind, bis zu mehreren hunderttausend Euro zu investieren. Förderungen sind ebenfalls reichlich für den Start verfügbar und werden auch großzügig verteilt. Bernhard Lehner, Mitbegründer von Startup300, einem Netzwerk mit 86 heimischen Business Angels: „Aber es gibt kaum Venture-Capital-Fonds, die größere Summen über zwei bis drei Millionen Euro investieren. Ausnahmen sind hier nur capital300 oder Speedinvest. Für die großen internationalen Fonds ist ein Markt wie Österreich zu klein, und deshalb müssen heimische Start-ups ab einer gewissen Größe ins Ausland gehen.“ Es gilt, seine Hausaufgaben zu machen. „Die Zauberformel, um einen passenden Investor zu finden, besteht aus Mut und einem schlagkräftigen Gründerteam, gemixt mit einem brauchbaren, skalierbaren Produkt in einem interessanten Markt“, so Lehner.
4. Die Regulatorik schränkt die Möglichkeiten der Banken ein.
Laut letzten Meldungen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hält die Nachfrage nach Unternehmenskrediten weiter an. Das Wachstum lässt allerdings leicht nach. Vom vierten Quartal 2017 bis Mitte 2018 sei diese Entwicklung laut OeNB besonders ausgeprägt gewesen, vor allem bei den langfristigen Krediten. Bedingt sei die in den vergangenen Jahren stark gestiegene Nachfrage vor allem durch den erhöhten Finanzierungsbedarf der Unternehmen, deren Bruttoanlageninvestitionen seit Mitte 2016 kräftig wachsen. Gregor Deix, Bereichsleitung Firmenkunden Erste Bank: „Kredite sind günstig wie nie, und auch die Mittel sind ausreichend vorhanden. Wichtig ist, dass die wesentlichen Finanzierungsparameter und insbesondere die Aussichten der Unternehmen stimmen, dann ist eine Finanzierung von Investitionen kein Problem.“ Aber die Möglichkeiten der Banken erfuhren gerade in den letzten Jahren starke Einschränkungen. „Das Thema Regulatorik hat den Bankenmarkt in den letzten Jahren sehr beschäftigt und auch in den Möglichkeiten beschränkt“, so Deix. Darüber hinaus fehlt vielen Unternehmen die Information, um Neues zu probieren. Da gäbe es etwa geförderte Finanzierungen, Factoring oder auch Crowdfunding.