Zahlreiche Neuerungen sind aus Steuersicht mit 1. Jänner 2020 wirksam geworden. Ein Überblick.
Text: Heinz Harb
Steuertarifabsenkung, Gewinnfreibetragserhöhung, Strukturreform, Ökologisierung – die große Steuerreform kommt ab nächstem Jahr. Doch insbesondere bei der Rechtsformwahl zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH, aber auch bei bevorstehenden Unternehmensübergaben sollte schon jetzt mit einer vorausschauenden Steuerplanung darauf Bedacht genommen werden. Bevor es allerdings so weit ist, kam es bereits heuer mit Jahresbeginn zu einigen wichtigen Neuerungen.
Umsatzsteuer: „Quick Fixes“.
Als erste Stufe einer umfassenden EU-Reform zur Verhinderung von Steuerbetrug im Bereich der Umsatzsteuer sind mit 1. Jänner 2020 sogenannte „Quick Fixes“ in Kraft getreten. Diesbezügliche Geschäftsfälle sind in jedem Unternehmen zügig auf Handlungsbedarf zu überprüfen sowie Vorsorgemaßnahmen im Rechnungswesen zu treffen. Konkret gilt nun Folgendes:
Verschärfungen bei „innergemeinschaftlichen Lieferungen“.
Für eine beim Lieferanten USt-freie innergemeinschaftliche Lieferung sind nunmehr das Vorliegen der gültigen UID-Nummer des Erwerbers (Käufers) und die korrekte Aufnahme der innergemeinschaftlichen Lieferung in die „Zusammenfassende Meldung“ (ZM) durch den Lieferanten grundlegende Voraussetzungen. Der Lieferant kann die Lieferung in ein anderes EU-Land somit nur dann USt-frei behandeln, wenn der Erwerber eines Wirtschaftsgutes dem Lieferanten seine gültige UID-Nummer mitteilt, die aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat stammt als jenem, in dem die Beförderung/Versendung der Ware beginnt. Weiters muss der Lieferant nachweisen, dass die Waren tatsächlich ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt sind (Belegnachweis), wobei dazu in den „Quick Fixes“ widerlegbare Vermutungen festgelegt wurden. Holt der Käufer die Ware ab, benötigt der Verkäufer außerdem unter Angabe bestimmter Informationen des Erwerbers eine schriftliche Erklärung über die Veranlassung des Transports.
Vereinfachung bei Reihengeschäften.
Die Kriterien für die Bestimmung des Besteuerungsortes von Lieferungen innerhalb eines Reihengeschäftes werden EU-weit vereinheitlicht. Bei Reihengeschäften werden in einer Reihe nacheinander von drei oder mehr Beteiligten mehrere Lieferungen getätigt, wobei die Ware vom ersten Unternehmer in der Reihe physisch unmittelbar an den letzten Abnehmer gelangt. In einer solchen Reihe kann die Warenbewegung nur einer Lieferung zugeordnet werden („bewegte Lieferung“), und nur diese kann als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein. Alle anderen Lieferungen in der Reihe sind als „ruhende Lieferung“ entweder im Abgangs- oder im Bestimmungsland steuerbar und dort in der Regel USt-pflichtig. Wie die Zuordnung der bewegten Lieferung erfolgt, wird in den EU-Mitgliedsstaaten zum Teil unterschiedlich gehandhabt, insbesondere wenn der mittlere Unternehmer den Transport organisiert. Die „Quick Fixes“ enthalten nun eine Regelung, nach der es zu einer einheitlichen Zuordnung der bewegten Lieferung kommt. Diese hängt davon ab, ob der mittlere Unternehmer seinem Lieferanten eine UID-Nummer des Abgangsmitgliedsstaates mitgeteilt hat oder nicht.
Die bereits in Kraft befindlichen USt-Regelungen klingen komplex – und sind es auch. Fehler bei der Umsatzsteuer sind in der Regel teuer. Ein aktueller und sorgsamer USt-Check ist daher empfehlenswert.
Neue Kleinunternehmer-Pauschalierung bei der Einkommensteuer.
Für Kleinunternehmer mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und maximal 35.000 Euro Jahresumsatz besteht seit Jahresbeginn für die der Einkommensteuer zugrunde liegende steuerliche Gewinnermittlung ein Wahlrecht: Anstatt der Einzelaufzeichnung ist es nun möglich, einen pauschalen Betriebsausgabenabzug vorzunehmen. Konkret: Der pauschalierte Gewinn besteht bei Inanspruchnahme des Wahlrechtes künftig aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Betriebseinnahmen und einem Betriebsausgabenpauschalsatz von 45 %, abzüglich weiterer Ausgaben wie etwa der Sozialversicherungsbeiträge und des Gewinngrundfreibetrags. Da Dienstleistungsbetriebe typischerweise im Verhältnis zum Umsatz geringere Aufwendungen haben, ist bei diesen ein reduzierter Betriebsausgabenpauschalsatz von 20 % anzuwenden. Bei einer allfälligen Mischzuordnung ist auf den höheren Umsatz innerhalb des Betriebes abzustellen.
Erhöhung der Kleinunternehmer-Umsatzgrenze auf 35.000 Euro.
Die für die Umsatzsteuer relevante Kleinunternehmergrenze, ab der Umsatzsteuerpflicht besteht, wurde ab 1. Jänner 2020 von bisher 30.000 auf 35.000 Euro pro Jahr erhöht. Unverändert kann auch weiterhin bei geringeren Umsätzen zur Umsatzsteuerpflicht bei gleichzeitig in der Regel zustehendem Vorsteuerabzug optiert werden. Ob dies sinnvoll ist, hängt unter anderem auch von der Art der erzielten Umsätze, vom Kundenkreis, vom bevorstehenden Vorsteuerabzugsvolumen in Hinblick auf Investitionen oder geballt anfallenden Sachaufwendungen ab. Daher: Vorausschauend entscheiden und das Wahlrecht zeitgerecht ausüben – oder auch darauf wieder verzichten.
Weiters wurde die Betragsgrenze für steuerlich sofort im Jahr der Anschaffung abschreibbare geringwertige Wirtschaftsgüter von bisher 400 auf 800 Euro verdoppelt. Die Regelung ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 beginnen.