Autor: Tanja Schartel, KSV1870 Insolvenzexpertin
Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank, fragte bereits Brecht in seiner „Dreigroschenoper“. Den besten Beweis dafür, dass dieser Satz manchmal mehr Wahrheit als Dichtung enthält, erbrachte die nach dubiosen Machenschaften herbeigeführte Millionenpleite der Riegerbank. Erst dank des Einsatzes des KSV1870 bekamen viele hundert geschädigte Gläubiger am Ende doch ihr Geld zurück.
Bescheidene Anfänge
Verschwundene Millionen, falsche Freunde, Flucht, eine Fahrt zur Müllverbrennungsanlage, um Beweise zu vernichten – und ein Profi-Fußballverein: Die Insolvenz der Riegerbank würde Material für mehrere spannende Krimis liefern. Dabei begann die Geschichte des Geldinstitutes erst in den 1980er Jahren: In der Zeit vor Bankomaten und Euro fehlte Touristen jede Möglichkeit, außerhalb der regulären Bankenöffnungszeiten Lira, Gulden oder Deutsche Mark in Schilling zu wechseln. Angefangen als eine Kette von Wechselstuben, war die Riegerbank bald in ganz Österreich an Touristen-Hotspots zwischen Innsbruck und dem Wiener Stephansplatz präsent.
Aufstieg und tiefer Fall
Mit der Bankkonzession erfüllte sich Gründer Wolfgang Riegler einen Traum. Er wurde Millionär, Präsident des Linzer Fußballklubs LASK und wollte sein Haus in einer Reihe mit Bawag, Raiffeisen und Co. etablieren. Das sah man bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB) mit einiger Skepsis: Diese legte sich den Expansionsplänen quer und verwehrte dem Geldinstitut trotz offiziellem Ansuchen die Konzession, Devisen im Kundenauftrag zu handeln. Da den Aufsehern immer mehr Zweifel über die Vorgänge bei der „Bank, die keine war“ kamen, wurde schließlich im Herbst 1998 eine OeNB-Prüfung der Geschäftsgebarung vor Ort angeordnet.
Kein Rauch ohne Feuer
Die Vor-Ort-Prüfung war das auslösende Moment: Wie sich später herausstellte, waren die in Wiener Finanzkreisen unter vorgehaltener Hand seit Jahren verbreiteten Gerüchte wahr, die Bilanzen der Riegerbank wurden tatsächlich über Jahre gefälscht. Der Krimi begann: Die damaligen Berichte aus „Die Presse“ und „Kronen Zeitung“ erzählen eine spannende Geschichte. Der Chef nahm die letzten Millionen aus dem Tresor, brachte ganze Kartons voller Ordnern der Buchhaltung zu einer Müllverbrennungsanlage am Wiener Stadtrand und flüchtete über die Grenze. Das Ziel: Südfrankreich, wo er sich ein Leben in Saus und Braus gönnen wollte. Doch nachdem er der Gendarmerie in Nizza nur knapp entkommen war, stellte sich Rieger lieber freiwillig den Behörden in Österreich – allerdings mit nur einem Teil des verschwundenen Geldes.
"Erstmals wurde in der Öffentlichkeit bekannt, was ein Gläubigerschutzverband effektiv zu leisten imstande ist." Tanja Schartel
Zahnlose Behörden
Die Riegerbank wurde noch im Oktober 1998 in Konkurs geschickt. Nach heutigem Wissensstand war der Zusammenbruch des grundsätzlich profitablen Unternehmens durch schief gelaufene Spekulationen begründet. Vielleicht hatte sich der Bankenchef auch mit Leuten eingelassen, die er besser gemieden hätte. Auf einen von ebenfalls viel Medienrummel begleiteten Prozess folgte eine langjährige Haftstrafe für den Gründer. Ein schwacher Trost für die geschädigten Gläubiger, deren Forderungen in heutigem Geld 100 Millionen Euro überstiegen: Wie sich nach und nach herausstellte, war die Behörde nicht nur langsam, sondern rechtlich weitgehend zahnlos und konnte erst nach monatelangem Hin und Her jene Prüfung anberaumen, welche die Flucht des Bankengründers ins Ausland auslöste. Heute hätte die Behörde wesentlich bessere Möglichkeiten einzugreifen. Überdies ist das System der Bankenaufsicht europaweit wesentlich ausgeweitet und verschärft worden. Ob es Spekulation und Insolvenz einer Bank ausschließen kann, wird allerdings von Kennern bezweifelt.
Ende schlecht, aber nicht alles schlecht
Die Lektion, dass hohe Zinsversprechen immer auch hohes Risiko bedeuten, wurde mit viel Schmerzensgeld erkauft: Die von Tausenden Privatinvestoren in die selbst im ORF beworbenen Hochzins-Anleihen der Riegerbank gesteckten Mittel waren praktisch weg – die Quote betrug letzten Endes lediglich neun Prozent. Die Rolle des KSV1870 war im Insolvenzverfahren jedoch immens wichtig. Erstmals wurde in der breiten Öffentlichkeit bekannt, was ein Gläubigerschutzverband effektiv zu leisten im Stande ist. Ein vom KSV1870 ins Leben gerufene Konsortium von Geschädigten klagte die Republik auf Amtshaftung und konnte letztendlich einen großen Sieg davon tragen: den Mitgliedern im Konsortium ersetzt die Republik den Schaden. Damit hat sich der KSV1870 in großem Umfang bei Anlegern und Privatpersonen einen Namen gemacht.