Der enorme Run auf Immobilien treibt die Preise für Vorsorgewohnungen in ungeahnte Höhen. Doch noch immer locken Erträge deutlich über Sparbuchniveau – wenn man es richtig macht.
Text: André Exner
Mit Eigenmitteln und Kredit eine neue Wohnung gekauft, 15 Jahre lang vermietet und dann das arbeitsfreie Zusatzeinkommen lukrieren: Das System „Hausherr sein für jedermann“ hat die Vorsorgewohnung zum Hit bei privaten Investoren gemacht. Denn am Immobilienmarkt musste man – anders als am Aktienmarkt – kein Experte sein und auch kein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt haben, um gewinnbringend zu investieren. Die Wohnungspreise und die Mieten steigen in Österreich seit Jahrzehnten kontinuierlich. Nach der Finanzkrise 2008 wanderten Milliarden Euro vom Depot in Ziegel, und der Markt hat sich alle zwei Jahre verdoppelt. Bis 2017, als erstmals 1.000 Wohnungen an private Investoren verkauft wurden – alleine in Wien. Im Vorjahr folgte dann der Einbruch auf weniger als 700 verkaufte Vorsorgewohnungen. Was war passiert? Ist eine neu errichtete Wohnung kein gutes Investment mehr. Oder ist gar eine „Immobilienblase“ geplatzt?
Es gibt keine Blasengefahr, weil im Vorsorgewohnungsbereich ein großer Anteil der Immobilien mit einem erheblichen Anteil an Eigenmitteln finanziert wurde und wird.
Bestimmt nicht, so die Experten: „Es gibt keine Blasengefahr, weil im Vorsorgewohnungsbereich ein großer Anteil der Immobilien mit einem erheblichen Anteil an Eigenmitteln finanziert wurde und wird“, sagt Sonja Kaspar, Leiterin Otto Immobilien Boutique. „Zudem befindet sich das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Mieteinnahmen noch immer in einem attraktiven Bereich.“ Auch wenn die Renditen zwar nicht mehr wie früher bei 4 bis 5 %, sondern bei 2 bis 3 % pro Jahr liegen. „Vergleicht man das mit Bankzinsen, sind die Erträge aber immer noch interessant“, so Kaspar.
Verzerrte Statistik. Sandra Bauernfeind, geschäftsführende Gesellschafterin von EHL Wohnen, sagt zudem, dass der Vorsorgewohnungsmarkt gar nicht eingebrochen ist. Vielmehr wird die Statistik durch zwei Faktoren verzerrt. Erstens: Erst wenn eine Wohnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer gekauft wird, taucht sie im Grundbuch als Vorsorgeobjekt auf. Doch die abzugsfähige Vorsteuer verliert durch den stark gestiegenen Anteil der Grundkosten an den Gesamtkosten laufend an Bedeutung. „6 oder 8 % Ersparnis beim Kauf rechtfertigen für viele Anleger die mit dem Vorsteuerabzug verbundenen Auflagen wie etwa die 20 Jahre dauernden Aufzeichnungspflichten und Einschränkungen bei der Eigennutzung nicht mehr“, erklärt Bauernfeind. Tatsächlich ist die Anzahl der Wohnungskäufe in Österreich 2018 nicht um ein Drittel zurückgegangen, sondern sogar gestiegen. „Unsere Zahlen zeigen recht deutlich, dass die Zahl der zu Anlagezwecken gekauften Wohnungen eher zu- als abnimmt“, so die Expertin. „Aber beim aktuellen Preisniveau sind klassische Neubau-Eigentumswohnungen für Investoren ähnlich attraktiv wie vorsteuerabzugsberechtigte Vorsorgewohnungen.“
Der zweite Faktor ist der Markteintritt großer Player für vermietbare neue Wohnungen: Von deutschen Pensionskassen bis hin zu österreichischen Privatstiftungen gibt es eine Reihe von finanzstarken Anlegern, für die 2 bis 3 % Rendite am sicheren Wiener Immobilienmarkt attraktiver erscheinen als fast gar kein Ertrag mit vergleichbar soliden Staatsanleihen. Immer öfter gehen daher ganze Häuser an Großanleger – und private Anleger, die dort an einer Wohnung interessiert waren, schauen durch die Finger.
Preise steigen weiter. Dass finanzstarke Käufer große Geldbörsen haben, macht sich auch bei den Preisen bemerkbar: Unter 4.000 Euro pro Quadratmeter findet man in Wien keine Vorsorgewohnung mehr – selbst in Ottakring oder Meidling. Das heißt aber nicht, dass es kein Potenzial nach oben gibt: Im aktuellen Vorsorgewohnungsprojekt „Triiiple“ von SORAVIA in Wien, wo drei Türme errichtet werden, wurde einer davon zu 100 % an einen Fonds verkauft. Parallel dazu stiegen in den anderen beiden Türmen die Preise an. In diesem Fall dürfen sich Anleger, die bereits bei Projektstart investiert haben, schon bei der Schlüsselübergabe über erste Gewinne freuen – ganz ohne Vermietung.
Ob die Preise überall ähnlich weiter steigen werden? „Das ist von der Lage abhängig“, meint Kaspar. In manchen Bezirken sind die Preise schon heute auf einem sehr hohen Level, andere werden definitiv nachziehen. „Derzeit gibt es viele spannende Neubauprojekte. Bezirke, die vor ein paar Jahren noch nicht so sehr im Fokus standen, entwickeln sich sehr positiv und bieten interessante Alternativen zu den bereits seit Jahren gefragten Wohnlagen“, meint auch Benedikt Gabriel, Geschäftsführer der Immobilienplattform FindMyHome.at. Wichtig ist, dass eine Vorsorgewohnung in Wien auf jeden Fall über eine gute öffentliche Anbindung verfügt, nicht zu groß ist und im Idealfall eine Außenfläche bietet. Das sorgt für gute Vermietbarkeit und senkt das Leerstandsrisiko.
Information schafft Sicherheit. Das alles zeigt: Vorsorgewohnungen sind ein komplexes Thema. Und wer sich zum Investment entschließt, sollte sich an Experten wenden, resümiert Gabriel: „Wir raten, für die Immobiliensuche und die Basisinformationen einen Makler heranzuziehen, der auf diesem Gebiet Erfahrung hat. Für die steuerliche Abwicklung sollte man den Steuerberater konsultieren, für die vertragliche und rechtliche Abwicklung einen Rechtsanwalt. Damit die Wohnung schließlich auch top in Schuss gehalten wird, empfehlen wir eine vernünftige Hausverwaltung. Und falls man bei der Finanzierung Unterstützung benötigt, sollte ein Bankberater hinzugezogen werden.“
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